Marx zum Klimaschutz: Schon viel geredet – noch zu wenig getan
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat anlässlich des UN-Klimagipfels (COP26) in Glasgow dazu aufgerufen, "engagiert zu handeln". Dabei gelte es, nicht hinter das Expertenwissen zurückzufallen und vermeintlich bequeme Auswege zu suchen, sagt Marx am Samstag in einem Beitrag für das zweite Hörfunkprogramm des Bayerischen Rundfunks in der Reihe "Zum Sonntag". Gerade wohlhabende Staaten müssten nicht nur den Überfluss ein wenig begrenzen. "Wir müssen ganz radikal die Ressourcen der Erde einsparen und gerechter als bisher verteilen."
Mit Blick auf die Politikerinnen und Politiker, die in Glasgow zur Weltklimakonferenz zusammengekommen sind, äußerte Marx zwar Verständnis, "wie schwierig solche Verhandlungen sind". Er verstehe jedoch auch die Ungeduld der jungen Menschen. Der zentralen Einschätzung der Klimaaktivisten schließt sich der Kardinal an: "Ich stimme auch zu, dass schon viel geredet und noch zu wenig getan wurde." Er erinnerte daran, dass Vertreter von Religionen und Wissenschaft in einem gemeinsamen Appell angemahnt haben, dass den Worten jetzt Taten folgen müssten.
Engagement der Jugend gewürdigt
Die ökologischen Fragen seien eng verflochten mit den sozialen und den ökonomischen Fragen, so der Erzbischof von München und Freising. Zugleich würdigte er in diesem Zusammenhang das Engagement der katholischen Jugend: "Die Jugendverbände der Kirche sind seit Jahrzehnten an diesen Fragen dran und begleiten auch die Konferenz in Glasgow aktiv und kritisch. Dafür bin ich dankbar!" Marx hofft nach eigenen Worten auf eine "geeinte Menschheitsfamilie, die auf Ausgleich und Balance bedacht ist, damit das Leben auf der Erde Zukunft hat".
Nach rund einer Woche Verhandlungen im Glasgow mahnen auch Vertreter von Hilfsorganisationen zu mehr Tempo beim Klimaschutz. Die Staaten müssten zu Hause nachbessern, forderte Misereor. "Ohne Druck aus der Gesellschaft wird das nichts", sagte die Klima-Expertin des Werks für Entwicklungszusammenarbeit, Anika Schroeder, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Das Abkommen von Paris sieht vor, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur im Vergleich zum vorindustriellen Niveau auf 2, möglichst sogar 1,5 Grad, zu begrenzen. "Wenn die jetzt vorliegenden Zusagen eingehalten werden, landen wir bei 2,7 Grad", so Schroeder.
Bereits am Dienstag hatte sich Papst Franziskus mit einer verlesenen Botschaft an die Teilnehmer des Weltklimagipgels gewandt und dabei die Bedeutung einer umfassenden Bildung und Erziehung im Kampf gegen den Klimawandel betont. "Politische, technische und operative Maßnahmen" müssten "mit einer Bildung verbunden werden, die insbesondere bei jungen Menschen neue Lebensstile fördert", hieß es in dem Statement des Kirchenoberhaupts. Vorgetragen wurde es von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin.
In seiner Botschaft hatte auch der Papst erneut auf den gemeinsamen Klima-Appell aller Weltreligionen, den diese am 4. Oktober im Vatikan unterzeichnet hatten. Trotz "sehr unterschiedlicher Stimmen mit sehr unterschiedlicher Sensibilität" zeuge der interreligiöse Appell von einer "bemerkenswerten Übereinstimmung in der dringenden Notwendigkeit eines Richtungswechsels" von einer "Wegwerfkultur" zu einer "'Kultur der Sorge' für unser gemeinsames Haus und seine Bewohner überzugehen".
"Mut und Hoffnung"
Zugleich mahnte der Papst, die Welt müsse sich eingestehen, dass sie noch weit von den erklärten Zielen entfernt ist. Schon zu viele Menschen litten unter dem Klimawandel. In naher Zukunft, warnte Franziskus, werde die Zahl der Klimaflüchtlinge die von Kriegs- und Konfliktflüchtligen übersteigen. Dennoch aber brauche es "Mut und Hoffnung", damit "eine wahrhaftige Bekehrung", individuell wie gemeinschaftlich, gelingen könne.
Die Konferenz, die über die Umsetzung des 2015 in Paris abgeschlossenen Klimaabkommens beraten soll, hatte am vergangenen Sonntag begonnen. Sie dauert noch bis zum kommenden Freitag. (mal/KNA)