Kinder des Priestermangels: Seit 50 Jahren gibt es Pastoralreferenten
Es ist irgendwie typisch, dass es für die Entstehung des Berufs keinen klaren "Geburtstag" gibt, aber München ist zweifellos einer von mehreren Geburtsorten: Im Sommer 1969 spricht eine Gruppe Priesterseminaristen bei der Diözesanleitung vor. Sie wollen sich nicht weihen lassen, aber dennoch in der Seelsorge arbeiten – und stoßen auf offene Ohren. Am 3. Juli 1971 sendet Kardinal Julius Döpfner in einem Gottesdienst in der Münchner Pfarrkirche Sankt Johann Baptist die ersten sieben "Pastoralassistenten" aus. Sie arbeiten in Pfarrgemeinden auf freigewordenen Kaplanstellen.
Es ist mehr eine Augenblicksentscheidung als ein strategisch durchdachter Plan. Der Priestermangel macht zu schaffen, dazu kommen die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965), das in bis dahin unerhörter Weise von der Würde und Mitverantwortung sogenannter Laien spricht, also getauften und gefirmten, aber nicht geweihten Katholikinnen und Katholiken.
Der Münchner Bistumsleitung – in anderen deutschen Diözesen gibt es fast zeitgleich ähnliche Prozesse – geht es nach Erkenntnissen des Bochumer Kirchenhistorikers Andreas Henkelmann gar nicht darum, einen neuen kirchlichen Beruf aus der Taufe zu heben, sondern um eine pragmatische Übergangslösung.
Von der Übergangslösung zur Dauereinrichtung
Die Debatte um eine Öffnung des Priesteramts für verheiratete Männer und eine Zulassung von Frauen zumindest zum Diakonat ist schon damals in vollem Gange – nicht zuletzt bei der Synode der westdeutschen Bistümer in Würzburg (1971-1975), die Döpfner als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz auf den Weg gebracht hat. Man spielt auf Zeit und geht davon aus, dass Pastoralreferenten früher oder später geweiht werden. Der bürokratische Begriff "Pastoralreferent" ist nur ein Arbeitstitel für ein Provisorium.
Doch aus dem Experiment wird eine Dauereinrichtung, freilich eine mit Konfliktpotenzial, wobei die Zündschnur bis an die Wiege zurückreicht. Die Pastoralreferenten der ersten Stunde – Frauen kommen erst später zum Zug – werden in der Kirche nicht nur mit offenen Armen empfangen. Ihnen schlägt auch Argwohn entgegen, wie einem Kommentar der "Münchner Kirchenzeitung" vom 19. Dezember 1971 zu entnehmen ist. Sie sind dem Vorwurf ausgesetzt, "des Zölibats überdrüssige Theologen würden sich durch eine Hintertür ein Kirchenamt erschleichen". Ihre Berufsgruppe verschärfe den Priestermangel, statt ihn zu lindern, lautet ein anderer Vorbehalt.
Zermürbende Kämpfe um eine Abgrenzung der Zuständigkeiten von hauptamtlichen Laientheologen und Priestern sind die Folge. Durch jahrelange Einstellungsstopps verprellen eine ganze Reihe Bistümer vor und nach der Jahrtausendwende mehr als eine Generation hochmotivierter Theologiestudierender und treiben sie in außerkirchliche Berufe. Man will nicht, dass es zu viele Pastoralreferenten gibt, auf gar keinen Fall soll ihre Berufsgruppe größer werden als die der Priester. Und überhaupt müsse jede Verwechslungsgefahr vermieden werden.
Je länger sie im Dienst sind, desto mehr ermüdet umgekehrt viele Pastoralreferenten das Kompetenzgerangel mit Pfarrern, mit denen sie einst dasselbe Studium absolviert haben, die nun aber ihre Chefs sind. Sie suchen nach Nischen, wo sie sich weitgehend frei entfalten können: in der Krankenhausseelsorge, in Beratungsstellen oder Behinderteneinrichtungen.
Große Wertschätzung – trotz bleibender Unklarheiten
Auf ihrem Marsch durch die Institution bringen sie es bis an die Spitze großer Ordinariatsabteilungen oder werden zur rechten Hand von Bischöfen. Wo sie heute als Ghostwriter Urheber manches Bischofswortes sind – während ihnen die Predigt in der Messe weiter offiziell versagt bleibt.
Haben Pastoralreferenten ein kirchliches Amt? Darüber können Theologieprofessoren und Kirchenrechtlerinnen immer noch streiten. Der Kampf um einen anderen "Titel" ist dagegen zu ihren Gunsten entschieden: Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, spricht mit höchster Wertschätzung über Pastoralreferenten und verwendet dabei ganz selbstverständlich eine Bezeichnung, die lange Geistlichen reserviert war: "Seelsorgerinnen und Seelsorger".
Ihren 50. Geburtstag feiert die Berufsgruppe aktuell mit einer digitalen Fachtagung, zu deren Abschluss die Deutsche Bischofskonferenz am 9. November einen Festakt ausrichtet.