Annette Kurschus ist neue Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche
Die Präses der Evangelischen Kirche in Westfalen, Annette Kurschus, ist neue Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Der neue Rat und die Kirchenkonferenz der EKD wählten die 58-jährige Theologin am Mittwoch in Bremen. Kurschus folgt auf Heinrich Bedford-Strohm, der das Amt seit 2014 innehatte. Zur stellvertretenden Ratsvorsitzenden wurde die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs (60) gewählt.
Zusammen mit der im Mai gewählten Präses (Vorsitzenden) der Synode (des Kirchenparlaments), Anna-Nicole Heinrich (25), sind sie die obersten Repräsentantinnen der Protestanten in Deutschland. Erstmals werden alle drei Ämter von Frauen ausgeübt. Die EKD vertritt 20,2 Millionen evangelische Christinnen und Christen in den 20 lutherischen, reformierten und unierten Landeskirchen mit 13.200 Kirchengemeinden.
Kurschus sprach in einer ersten Reaktion von einem "starken Rückenwind", der sie ehre und stärke. Sie kündigte an, die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs zur Chefinnensache zu machen. Sie betonte, dass die gesellschaftlichen Erwartungen an die Kirche "zu Recht groß" seien, "weil wir mit der Botschaft, von der wir leben, die Hoffnung wachhalten". Das Leben auf der Erde sei heute so stark gefährdet wie nie, so die westfälische Präses. "Wir müssen alles tun, um das Leben in Vielfalt zu schützen und zu erhalten, damit auch unsere Kinder und Kindeskinder auf der Erde leben können." Ferner müsse die Kirche an die Ränder der Gesellschaft gehen, denn auch Jesus Christus sei immer an die Ränder gegangen. "Wir müssen Unrecht benennen, auch das eigene Unrecht, wir müssen Schuld eingestehen, um Vergebung bitten und neue Wege einschlagen", sagte Kurschus. "Das muss man von uns erwarten dürfen."
Bätzing: Vertrauensvolles Miteinander weiter verfolgen
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, zeigte sich in seinem Glückwunschschreiben "zuversichtlich, dass wir weiter den eingeschlagenen ökumenischen Weg der Kirchen in Deutschland in guter und engagierter Weise fortsetzen werden". Ökumene sei Weggemeinschaft, so Bätzing. In Deutschland schauten viele Menschen besonders darauf, wie die Bischofskonferenz und die EKD diesen gemeinsamen Weg gestalteten. "Über viele Jahre und Jahrzehnte haben wir gute und verlässliche, in schwierigen Zeiten auch belastbare Beziehungen aufgebaut", betonte Bätzing. Er sei "gewiss, dass Sie als neue Ratsvorsitzende unser vertrauensvolles Miteinander weiter verfolgen und unsere Weggemeinschaft auch mit eigenen Ideen und Überzeugungen prägen werden". Zugleich würdigte Bätzing den scheidenden Ratsvorsitzenden Bedford-Strohm als "wahren Garant für die Ökumene". Seine Amtszeit sei "ein weitsichtiger Brückenbau und eine Mittlerrolle im ökumenischen Dialog" gewesen.
Die wegen eines Corona-Impfdurchbruchs online tagende EKD-Synode hatte bereits am Dienstag einen neuen Rat gewählt: Neben Kurschus und Fehrs wurden zunächst der Unternehmer Andreas Barner und die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, Kerstin Griese (SPD), in das Führungsgremium aufgenommen. Später wurden der sächsische Landesbischof Tobias Bilz, Kirchenpräsident Volker Jung (Hessen-Nassau), die hannoversche Kirchenjuristin Stefanie Springer, die Instagram-Pfarrerin Josephine Teske und der Dekan von Pirmasens, Michael Diener, gewählt.
Das Leitungsgremium der Protestanten komplettieren der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Thomas Rachel (CDU), der Arbeitsrechtler Jacob Joussen, die Juristin Anna von Notz, der Theologieprofessor Michael Domsgen und die frühere stellvertretende Abteilungsleiterin im Auswärtigen Amt, Silke Lechner. (tmg/KNA)
10.11., 10:30 Uhr: Ergänzt um Statements von Kurschus und Bätzing.