Alt-Katholiken: "Ökumenische Haftungsgemeinschaft" für Kirchenkrisen
Der Bischof des alt-katholischen Bistums in Deutschland, Matthias Ring, sieht seine Kirche in einer "ökumenischen Haftungsgemeinschaft" mit der römisch-katholischen Kirche. In seinem Bericht zur Lage vor der Bistumssynode, die seit Donnerstag digital tagt, sagte Ring, dass die Aufdeckung des Missbrauchs lediglich der Auslöser gewesen sei, der ein tieferliegendes Problem freigelegt habe: "In meinen Augen geht es mittlerweile um die schlichte Frage, ob die römisch-katholische Kirche reformfähig ist. Es geht darum, ob unsere Schwesterkirche zweierlei denken kann: Veränderung und Vielfalt", so der Bischof. Die römisch-katholischen Kirche sei eine vielfältige Kirche, die sich immer wieder gewandelt habe, "aber im theologischen Überbau wird so getan, als sei sie unwandelbar und als gebe es Einheit bis an die Grenze der Einheitlichkeit und Einförmigkeit".
Ring äußerte sich im Rahmen seines Berichts über die ökumenischen Kontakte des alt-katholischen Bistums mit Sorge über den Zustand der römisch-katholischen Kirche. "Einige sprechen von einer Implosion, mir kam immer wieder der Begriff der Kernschmelze in den Sinn", so der Bischof. Zugleich betonte er, dass sich das Missbrauchsthema nicht zur konfessionellen Profilierung eigne und es keinen Grund zur Schadenfreude gebe, auch wenn das alt-katholische Bistum im vergangenen Jahr doppelt so viele Beitritte wie im Jahr zuvor verzeichnen könne. "Aber was sind 360 Beitritte im Vergleich zu den Tausenden an Austritten ins konfessionelle Niemandsland? Der gesellschaftliche Ansehensverlust von Kirche betrifft am Ende auch uns." Aus dieser Haftungsgemeinschaft könne man nicht aussteigen.
Die Alt-Katholische Kirche in Deutschland entstand in den 1870er Jahren in Abgrenzung zu den Beschlüssen des Ersten Vatikanischen Konzils (1869–1870) zur Unfehlbarkeit und zum Jurisdiktionsprimat des Papstes. Zum deutschen Bistum gehören gut 16.000 Mitglieder in 60 Pfarrgemeinden. Seit 2009 steht Matthias Ring dem Bistum als 10. Bischof vor. Die Kirchenordnung der alt-katholischen Kirche ist bischöflich-synodal. Von Donnerstag bis Samstag tagt die 62. Bistumssynode in digitaler Form. Auf der Tagesordnung steht neben organisatorischen Fragen auch eine rechtliche und liturgische Gleichstellung von Partnerschaftssegnung und Ehe auf der Tagesordnung. Dabei soll es nach Angaben des Bischofs aber lediglich um eine Gleichstellung bei Rechtsfolgen ohne eine Festschreibung von dogmatischen Positionen gehen. "Diese Rechtsfolgen gründen zwar auf theologischen Einsichten, aber diese können zum einen sehr unterschiedlich sein und im Detail denn eben doch nicht allgemeine Zustimmung finden", so der Bischof. (fxn)