Erstmals Bußgottesdienst zu Missbrauch im Kölner Dom
In einer besonderen Form will das Erzbistum Köln die Fehler der Kirche im Missbrauchsskandal bekennen – und stößt damit auch auf Widerspruch. Ein seit Langem geplanter Bußgottesdienst soll an diesem Donnerstag im Kölner Dom stattfinden, in der Auszeit des in die Kritik geratenen Kardinals Rainer Maria Woelki. Der vom Papst übergangsweise eingesetzte Verwalter, Weihbischof Rolf Steinhäuser, will "vor Gott und vor den Betroffenen" das "schuldhafte Versagen so vieler Verantwortlicher der Kirche bekennen". Zudem möchte er alle Betroffenen "aufrichtig um Vergebung für das ihnen angetane Leid und Unrecht bitten".
Zu der Feier in der Kathedrale sind aber nur rund 230 geladene Gäste und keine Medienvertreter zugelassen, wie eine Sprecherin des Erzbistums am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sagte. Der Betroffenenbeirat habe wegen der möglichen Emotionen einen geschützten Raum gewünscht. Der Gottesdienst ab 11 Uhr werde jedoch digital übertragen, etwa vom bistumseigenen Online-Portal domradio.de. Zugang zur Kirche erhielten Betroffene, leitende Mitarbeitende des Erzbistums, Mitglieder des Diözesanpastoralrats und mit dem Thema Missbrauch befasste Fachleute auf Bundes- und Landesebene sowie aus anderen Diözesen.
Diözesanrat hatte öffentliches Schuldbekenntnis im Dom lange gefordert
In Deutschland hatte erstmals 2010 der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode eine ähnlich geartete Feier im dortigen Dom angesetzt. Zu Beginn legte er sich einige Minuten vor dem Altar auf den Boden. Einen Bußgottesdienst gab es auch 2019 zum Abschluss des Anti-Missbrauchsgipfels im Vatikan, an dem auch der Papst teilnahm.
Für das Erzbistum Köln hatte die Laienvertretung, der Diözesanrat, schon vor zwei Jahren ein öffentliches Schuldbekenntnis im Dom eingefordert. Doch wegen der Vorgänge um Woelkis Missbrauchsaufarbeitung und der "medialen Lage" sei der Gottesdienst bislang nicht zustande gekommen, heißt es. Nun dient der am 18. November begangene "Europäische Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch" als äußerer Anlass für den Bußgottesdienst.
Der Betroffenenbeirat der Erzdiözese begrüßte die Initiative. Dagegen äußerten die beiden früheren Mitglieder Patrick Bauer und Karl Haucke Kritik. Sie hatten das Gremium verlassen, nachdem Woelki ein erstes Missbrauchsgutachten nicht veröffentlichen ließ. Sie seien zwar auch zum Bußgottesdienst eingeladen, sagten sie dem WDR, nicht aber in die Vorbereitung eingebunden worden. Bauer nannte es zudem eine Farce, dass ausgerechnet Steinhäuser den Gottesdienst halten soll. Denn er sei der Bischof im Erzbistum, der bisher keine Fehler im Umgang mit Missbrauch gemacht habe.
Der Theater- und Fernsehschauspieler Kai C. Moritz, Sprecher des Betroffenenbeirats der Bischofskonferenz, sagte der "Rheinischen Post": "Dieses Ritual gehört zur Täterorganisation." Der Weg zur Versöhnung müsse aber von den Betroffenen kommen: "Bei Ritualen, die irgendetwas gesund beten sollen, bin ich nicht dabei." Auch der Diözesanrat sieht sich bei der Planung für den Gottesdienst außen vor. Der Zeitung sagte der Vorsitzende Tim Kurzbach, dass die Laienvertretung immer "von einem Pontifikalamt im Kölner Dom gesprochen hat, in dem es ein Schuldbekenntnis des Erzbischofs und der gesamten Bistumsleitung geben sollte".
Initiative "Maria 2.0" kündigte "Walk of Shame" an
Die Kritik wies der bisherige Generalvikar und nun als Delegat Steinhäusers amtierende Markus Hofmann zurück. Er verwies darauf, dass der aktuelle Betroffenenbeirat in die Planung der Feier einbezogen worden sei: "Wir wollen niemanden instrumentalisieren." Allen eingeladenen Betroffenen stehe es frei, die Einladung anzunehmen oder abzulehnen. Hofmann verteidigte auch, dass statt Woelki Steinhäuser den Gottesdienst leitet. Er werde stellvertretend für das Erzbistum sprechen: "Somit gehen wir weiter, als wenn Verantwortliche allein ihre persönliche Schuld bekennen würden."
Zu dem Gottesdienst wird es Proteste geben. Die Initiative "Maria 2.0" kündigte einen "Walk of Shame" auf der Domplatte an. Damit mahne sie eine von der Kirche unabhängige Aufklärung an und mache darauf aufmerksam, dass Verantwortungsträger bislang keine persönlichen Konsequenzen gezogen hätten.