Zum Ende des Totenmonats November

Letzte Ruhe: Wie die Kirche zu verschiedenen Bestattungsformen steht

Veröffentlicht am 30.11.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
An Allerheiligen und Allerseelen gedenken Katholiken der Heiligen und Verstorbenen.
Bild: © KNA

Bonn ‐ Das Begraben der Toten in der Erde war lange Zeit die klassische Bestattungsform der Christen. Doch heute erfreuen sich auch alternative Praktiken zunehmender Beliebtheit – zu denen die Kirche unterschiedliche Meinungen hat. Zum Ende des Totenmonats November gibt katholisch.de einen Überblick.

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"Requiem aeternam – Herr, gib ihnen die ewige Ruhe, und das ewige Licht leuchte ihnen", so wird in der Messe für die Verstorbenen gesungen und gebetet. Die Vorstellung, dass die Seele des Menschen unsterblich ist und nach dem Tod ihre Heimat bei Gott findet, gehört zum Kernbestand des christlichen Glaubens. Aber nicht nur die geistige Komponente des Menschen spielt im Christentum eine Rolle, auch dem Körper kommt eine wichtige Bedeutung zu. Die meisten Sakramente haben deshalb physische Elemente – etwa die Salbung oder der Empfang der Hostie –, um ihre geistige Wirkung körperlich erfahrbar zu machen.

Dieses Verständnis setzt sich über den Tod hinaus fort: Der "ewigen Ruhe" der Seele bei Gott entspricht die "letzte Ruhe" des Leichnams im Grab. Neben der klassischen Erdbestattung gibt es heute zahlreiche Alternativen, die sich zunehmender Beliebtheit erfreuen. Die Kirche steht den verschiedenen Praktiken jedoch nicht gleichgültig gegenüber: Während sich ihre Haltung mit Blick auf einige Bestattungsformen teilweise gewandelt hat, lehnt sie manche weiterhin ab.

Die Erdbestattung und der Glaube an die Auferstehung des Fleisches

Die Erdbestattung gilt für die Kirche bis heute als bevorzugte Form der Bestattung. Bei ihr wird der Leichnam in einem Sarg in die Friedhofserde hinabgelassen. Diese Bestattungsform setzte sich in der späten Antike gegenüber der bis dahin gängigen Feuerbestattung durch. Die Beerdigung des intakten Leichnams in der Erde erinnert an die Grablegung Christi und ist zugleich Ausdruck des Glaubens an die leibliche Auferstehung: Derselbe Leib, der im Tod von der Seele getrennt wurde, soll von Gott bei der Auferstehung in verwandelter Form wieder mit ihr vereint werden. Diesbezüglich ist das lateinische Original des apostolischen Glaubensbekenntnisses deutlicher als seine deutsche Übersetzung, wo es statt "carnis resurrectionem" (Auferstehung des Fleisches) lediglich "Auferstehung der Toten" heißt.

Bild: ©KNA

Im Anschluss an den Trauergottesdienst in der Kirche oder Friedhofskapelle wird der Sarg zum Grab getragen.

Begräbnis und Gedenkgottesdienst wurden im Christentum zu einer öffentlichen Aufgabe der Gemeinde. Angehörige, Freunde und Bekannte der verstorbenen Person ehren deren Leib und beten für die Aufnahme der Seele bei Gott. Das Waschen und Ankleiden des Leichnams, die Totenmesse sowie die Gebete und Gesänge am Grab und das Hinablassen des Sarges gelten aber nicht nur dem Verstorbenen, sondern sollen auch den Angehörigen in ihrem Trauerprozess helfen. Die Kirche empfiehlt deshalb, daran festzuhalten.

Während die Erdbestattung noch bis Ende des vergangenen Jahrhunderts die vorherrschende Begräbnisform in Deutschland war, hat sich das Verhältnis zur Feuerbestattung in den letzten 30 Jahren nahezu umgekehrt: von rund zwei Dritteln Erd- und einem Drittel Feuerbestattungen in den 90er-Jahren zu heute über 70 Prozent Feuer- und weniger als 30 Prozent Erdbestattungen. Der Anteil an Feuerbestattungen ist im Norden und Osten des Landes und in Großstädten höher als im Süden und Westen und in ländlichen Gebieten. Auch die Zahl kirchlicher Begräbnisfeiern ist entsprechend der sinkenden Kirchenzugehörigkeit kontinuierlich zurückgegangen.

Die Feuerbestattung – ein heidnisches Ritual?

Bei einer Feuerbestattung wird der Leichnam in einem Krematorium verbrannt und die Asche zur späteren Beisetzung in einer Urne aufbewahrt. Reicht die Tradition der Totenverbrennung bereits bis in vorgeschichtliche Zeit zurück, verschwand sie in der westlichen Welt mit der Ausbreitung des Christentums nahezu vollständig. Maßgeblich verantwortlich dafür war ein Edikt Karls des Großen aus dem Jahre 785, mit dem er die Einäscherung bei Todesstrafe verbot, da er sie als heidnischen Brauch betrachtete. Im Mittelalter kam die Leichenverbrennung nur zur Bekämpfung von Seuchen zum Einsatz.

Erst im Zusammenhang mit der rasant wachsenden Bevölkerungszahl wurde die Feuerbestattung in Europa ab dem 19. Jahrhundert wieder ein relevantes Thema. Die Kirche lehnte sie jedoch weiterhin ab, da sie während der Aufklärungszeit von antichristlichen Gruppen propagiert worden war. Neben naturwissenschaftlichen, hygienischen und wirtschaftlichen Gründen spielten damals weltanschauliche Aspekte wie die Leugnung der Auferstehung eine Rolle. Das grundsätzliche Verbot der Feuerbestattung gab die katholische Kirche erst im Jahr 1963 auf. Bei Einäscherungen und Urnenbestattungen wirkt sie jedoch nur mit, sofern diese nicht aus Gründen erfolgen, die der christlichen Glaubenslehre widersprechen. Heute wird die Feuerbestattung meist aus praktischen Erwägungen gewählt. So sind die Einäscherung und Urnenbeisetzung deutlich günstiger als die Erdbestattung im Sarg und auch die Pflege eines kleinen Urnengrabes weniger zeit- und kostenintensiv.

Bild: ©shootingankauf/Fotolia.com

Die Einäscherung Verstrobener wurde von der Kirche lange Zeit abgelehnt, da sie als Leugnung des Auferstehungsglaubens verstanden wurde. Heute hat eine Feuerbestattung meist praktische Gründe.

Die Feuerbestattung ist strenggenommen keine eigenständige Bestattungsform, sondern beschreibt lediglich die Einäscherung des Leichnams. Die anschließende Beisetzung der Asche kann auf verschiedene Weise geschehen, etwa in einem klassischen Urnengrab auf dem Friedhof, in einem Kolumbarium oder zu Füßen eines Baumes in einem Friedwald. Auf vielen Friedhöfen gibt es außerdem anonyme Urnenfelder oder bestimmte Aschewiesen, auf denen die Asche Verstorbener verstreut werden kann. Bei der Seebestattung wird eine wasserlösliche Urne im Meer versenkt und bei einer Luftbestattung die Asche von einem Flugzeug oder Helikopter aus verstreut. Während die Luftbestattung in Deutschland nicht zulässig ist, steht die Seebestattung seit 1972 nicht mehr nur Seeleuten sondern jedem offen.

Kirche gegen Trend zu Anonymität und Effizienz

Mit der Instruktion "Ad resurgendum cum Christo" (Um mit Christus aufzuerstehen) vom August 2016 hat die römische Glaubenskongregation ihre Haltung zur Feuerbestattung und zur Aufbewahrung der Asche nochmals präzisiert. Darin wird erklärt, dass die Kirche weiterhin die Beerdigung des Leichnams bevorzugt, eine Einäscherung jedoch nicht grundsätzlich verbietet, denn sie "betrifft nicht die Seele und hindert die Allmacht Gottes nicht daran, den Leib aufzuerwecken". Als Bestattungsform ist die Beisetzung auf einem Friedhof vorgesehen. Bestattungen in einem Friedwald lässt die katholische Kirche nur zu, wenn diese nicht anonym erfolgen. Um "jegliche Zweideutigkeit pantheistischer, naturalistischer oder nihilistischer Färbung zu vermeiden", verbietet die Instruktion außerdem, "die Asche in der Luft, auf dem Land oder im Wasser oder auf andere Weise auszustreuen oder sie in Erinnerungsgegenständen, Schmuckstücken oder anderen Objekten aufzubewahren".

Heute werden die meisten Aufgaben rund um Tod und Beisetzung in die geschulten Hände eines Bestatters gelegt. Von der Überführung des Leichnams, über Behördengänge, bis hin zur Danksagung bieten die Unternehmen jede erdenkliche Dienstleistung an. Der Tod wird effizient abgewickelt und Billiganbieter helfen auch bei kleinerem Budget. Trauernde kommen mit dem Verstorbenen in vielen Fällen kaum noch in Berührung.

Die Kirche versucht diese Entwicklungen zu entschleunigen und die Themen Tod und Bestattung wieder mehr ins Blickfeld zu rücken. So gedenken Gemeinden mit besonderen Gottesdiensten der "unbedachten Toten" in anonymen Gräbern. Mit dem "Tag des Friedhofes" (jährlich am dritten Septemberwochenende) versuchen Pfarreien, Friedhöfe und Bestatter, die Bedeutung der Ruhestätten als Ort der Trauerbewältigung deutlich zu machen.

Von Moritz Findeisen