Freiwilligkeit habe nicht zu hinreichend vielen Impfungen geführt

Kardinal Marx befürwortet allgemeine Impfpflicht

Veröffentlicht am 03.12.2021 um 09:29 Uhr – Lesedauer: 

München ‐ Der Bundestag will "zeitnah" über eine allgemeine Impfpflicht entscheiden: Ein Befürworter ist der Münchner Kardinal Reinhard Marx. Die Freiwilligkeit bei der Corona-Schutzimpfung habe nicht ausgereicht.

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Der Münchner Kardinal Reinhard Marx zeigt sich in der Corona-Krise offen für eine allgemeine Impfpflicht. Dies sei aber "letztlich eine politische Entscheidung", sagte Marx dem "Münchner Merkur" (Freitag). Um die Spaltung der Gesellschaft zu überwinden, werde es "mehr brauchen".

Der Münchner Erzbischof äußerte sich "schockiert" über "diese ungute Mixtur" aggressiver Impfgegner und Corona-Leugner, "aufgepeitscht durch Fake News, Verschwörungstheoretiker und Populisten". Marx mahnte auf allen Seiten einen sachlicheren und respektvolleren Ton in der Debatte an. "Unsere Gesellschaft muss ja gemeinsam vorgehen und umfassende Antworten finden."

Der Kardinal wies zugleich darauf hin, dass die Freiwilligkeit nicht zu hinreichend vielen Impfungen geführt habe, "um die besonders Schwachen besser zu schützen, unser Gesundheitssystem verlässlich vor Überlastung zu bewahren und letztlich die Freiheit aller" zu gewährleisten. "Aber Freiheit gibt es nicht ohne Gerechtigkeit und Solidarität, also ohne den Blick auf alle und das Gemeinwohl." Deshalb müsse man in dieser schwierigen Frage gut differenzieren und Positionen verbinden. Menschen dürften nicht pauschal verurteilt werden.

Aufforderung zur Impfung

Der Kardinal forderte alle, die das noch nicht getan hätten, zur Impfung auf. "Wir dürfen gerade jetzt nicht die Schwerkranken und Toten vergessen, die Menschen, die vereinsamen und verzweifeln. Und auch nicht die Kinder." Aufeinander zu achten, sei eine "ethische Verpflichtung". Sich impfen zu lassen, sei im Sinne der Nächstenliebe angeraten und "auch eine Frage der Gerechtigkeit".

Zu seiner eigenen Corona-Infektion im November sagte Marx, er fühle sich wieder fit. "Ich hatte leichte Erkältungssymptome und der Geschmackssinn war weg." Den "vergleichsweise milden Verlauf" führte der Kardinal auf seine Impfung zurück. Mit 68 Jahren zähle er immerhin zu den Menschen mit einem erhöhten Risiko für einen schwereren Verlauf. So aber habe er nach zwei Wochen Quarantäne nach einem Negativtest beim Fest des Bistumspatrons Korbinian in Freising wieder die Messe feiern können. "Darüber habe ich mich sehr gefreut."

Bund und Länder hatten sich am Donnerstag darauf verständigt, dass der Bundestag "zeitnah" über eine allgemeine Impfpflicht entscheiden soll. Der Ethikrat soll dazu bis Jahresende eine Empfehlung vorbereiten. Zuletzt gab es vermehrt kirchliche Stimmen, die für eine Impfpflicht in Deutschland plädieren. So hält etwa der Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers die Pflicht, sich gegen Corona impfen zu lassen, für ethisch vertretbar. Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sprach sich für eine Impfpflicht aus. (tmg/KNA)

3.12., 9:50 Uhr: Ergänzt um weitere Aussagen.