Zentralrat der Juden kritisiert Kardinal Müller für Corona-Äußerungen
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat die jüngsten Aussagen von Kardinal Gerhard Ludwig Müller zur Corona-Pandemie verurteilt. "Kardinal Müller hat mit seiner Äußerung klar antisemitische Chiffren bedient. Das war vor allem angesichts der derzeit aufgeheizten Stimmung verantwortungslos und nicht akzeptabel", sagte Schuster am Dienstag auf Anfrage von katholisch.de. Gerade die Kirche solle in dieser Lage befriedend wirken.
Müller hatte in der vergangenen Woche in einem Video-Interview mit dem katholisch-konservativen "St. Bonifatius Institut" aus Österreich die Auffassung vertreten, dass die Corona-Pandemie dafür genutzt werde, um "die Menschen jetzt gleichzuschalten" und einer "totalen Kontrolle" zu unterziehen. Außerdem sprach der ehemalige Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation davon, dass hinter den Maßnahmen gegen die Pandemie eine finanzkräftige Elite stecke. "Leute, die auf dem Thron ihres Reichtums sitzen", sehen laut Müller "eine Chance jetzt, um ihre Agenda durchzusetzen". Zudem erwähnte Müller in dem Interview explizit den amerikanisch-jüdischen Investor George Soros.
Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bestätigte Müller am Montag die Echtheit des Videos und wies gleichzeitig die Logik zurück, dass "wenn jemand die Finanzelite kritisiert, er automatisch auf der falschen Seite ist". Er sprach erneut von einer "nicht legitimierten Einflussnahme der superreichen Eliten in verschiedenen Ländern". Der Politikwissenschaftler Jan Rathje bewertete die Aussagen Müllers gegenüber der dpa als "größtenteils verschwörungsideologisch". Die Erwähnung von George Soros könne zudem "als antisemitische Chiffre gewertet werden", so Rathje.
Müller fiel mehrfach mit Verbreitung von Verschwörungsmythen auf
Der Kardinal war in der Vergangenheit mehrfach mit der Verbreitung von Verschwörungsmythen aufgefallen. So hatte er Anfang 2020 ein Manifest des ehemaligen US-Nuntius und Erzbischofs Carlo Maria Vigano unterzeichnet. Es gebe "Kräfte, die daran interessiert sind, in der Bevölkerung Panik zu erzeugen", heißt es darin. Von "supranationalen Einheiten" mit unklaren Absichten und "sehr starken politischen und wirtschaftlichen Interessen" ist die Rede; und schließlich von einer "Politik der drastischen Bevölkerungsreduzierung" und einem "beunruhigenden Auftakt zur Schaffung einer Weltregierung". Müllers Unterschrift unter diesem Manifest war laut dem Weltanschauungs-Experten Matthias Pöhlmann in der "rechtsesoterischen Szene begeistert aufgenommen" worden.
Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) hatte sich bereits am Montagabend von Müllers jüngsten Äußerungen distanziert. "Man wundert sich sehr über diese Theorien!", äußerte sich DBK-Pressesprecher Matthias Kopp auf Twitter. "Kardinal Müller spricht hier – davon gehe ich aus – als Privatperson." (stz)