Papst spreche anders über das Thema als seine kurialen Behörden

Bischof Dieser: Vatikan soll Position zu Homosexualität ändern

Veröffentlicht am 02.02.2022 um 13:35 Uhr – Lesedauer: 

Aachen ‐ Kommt es nach dem Verbot der Segnungen homosexueller Partnerschaften zu einem Sinneswandel im Vatikan? Darauf hofft Bischof Helmut Dieser. Es sei auffällig, "wie viel konstruktiver und positiver" Franziskus sich über Homosexualität äußert als andere.

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Der Aachener Bischof Helmut Dieser hofft auf einen Sinneswandel im Vatikan beim Thema Homosexualität. "Ich hoffe, dass es unterschiedliche Wege in der Kirche geben darf und geben wird, dass wir zum Beispiel Segensfeiern für homosexuelle Paare haben werden, während sie in anderen Teilen der Weltkirche noch undenkbar sind", sagte Dieser im Interview der "Aachener Nachrichten" (Mittwoch). Der Papst spreche anders über dieses Thema als seine kurialen Behörden. "Es ist auffällig, wie viel konstruktiver und positiver Franziskus sich über Homosexualität äußert."

Dieser leitet beim 2019 gestarteten Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland, dem Synodalen Weg, ein Forum zu Sexualität und Partnerschaft – gemeinsam mit der Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Birgit Mock. Am Freitag kommt die Vollversammlung des Synodalen Wegs zum dritten Mal in Frankfurt zusammen.

Dieser unterstrich auch mit Blick auf die jüngste Coming-Out-Aktion "#OutInChurch" von 125 queeren Kirchenmitarbeitenden die Notwendigkeit von Reformen: "Wir müssen endlich die Fragen zur Sexualethik neu beantworten, die uns nicht nur von außen auferlegt werden, sondern die sich mitten in der Kirche neu stellen." Beim Synodalen Weg gelte es, nun wirklich zu neuen Positionen zu kommen – "nicht wegen des Zeitgeistes, sondern aus eigener Einsicht". Dies müssten auch jene Bischöfe erkennen, die darüber besorgt seien, dass der Missbrauchsskandal als Vorwand für eine andere Kirche diene. Queer bedeutet, dass die sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität nicht den vorherrschenden Vorstellungen entspricht.

"Zuversichtlich", dass notwendige Zweidrittel-Mehrheit der Bischöfe zustande kommt

Dieser zeigte sich "zuversichtlich", dass beim Synodalen Weg die notwendige Zweidrittel-Mehrheit der Bischöfe für Reformvorschläge zustande kommt. Mock wagte keine Prognose, ob die katholische Kirche ihre Aussagen über Homosexualität streichen wird. Die Reformvorschläge würden nach Rom adressiert. "Was dann dort damit geschieht, liegt nicht mehr in unserer Hand. Und wie lange es dauert, bis im Vatikan Beschlüsse darüber fallen, ist ganz ungewiss. Römische Mühlen mahlen langsam."

Im März vorigen Jahres hatte die Glaubenskongregation erklärt, die Kirche habe keine Vollmacht, gleichgeschlechtliche Beziehungen zu segnen. In Gegenreaktion darauf gab es zwei Monate später im Rahmen der Aktion "Liebe gewinnt" deutschlandweit 110 Segnungsgottesdienste.

Dieser hatte bereits in der vergangenen Woche auf einen anderen Umgang der Kirche mit homosexuellen Menschen gedrängt. "Homosexuelle wurden auch durch die Kirche abgewertet und kriminalisiert. Hier ist auch ein Schuldbekenntnis fällig", sagte er der "Kölnischen Rundschau". Und weiter: "Daran arbeiten wir." Viele Menschen fühlten sich wegen ihrer Orientierung ausgegrenzt und diskriminiert, mahnte Dieser. "Nun sagen wir: Die sexuelle Orientierung ist eine Gabe Gottes. Sie ist nicht zu hinterfragen, sondern sie muss in die Nachfolge Gottes geführt werden." Im Namen der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) begrüßte Dieser zudem die Aktion "#OutInChurch". (tmg/KNA)