Kleriker will sich noch ausführlich äußern

Münchner Kirchenrichter Wolf bittet Missbrauchsopfer um Vergebung

Veröffentlicht am 03.02.2022 um 18:41 Uhr – Lesedauer: 

München ‐ Münchens oberster Kirchenrichter Lorenz Wolf ist durch das Missbrauchsgutachten in die Kritik geraten, er lässt seine Ämter momentan ruhen. Nun verteidigt sich der Geistliche – und ruft durch die Art seiner Wortmeldung wiederum Kritik hervor.

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Der Münchner oberste Kirchenrichter Lorenz Wolf (66) hat um Entschuldigung für seinen Umgang mit Missbrauchsopfern gebeten. Er wolle "aus tiefstem Herzen um Verzeihung bitten, um Vergebung", für Situationen, die er "falsch eingeschätzt" habe, in denen er "zu kurz angebunden war, den Ton nicht getroffen" oder "Hilferufe nicht gehört" habe, sagte Wolf bei der digitalen Sitzung des Rundfunkrats des Bayerischen Rundfunks (BR) am Donnerstag in München. Er kündigte an, zu dem Missbrauchsgutachten für die Erzdiözese München und Freising noch ausführlich Stellung zu nehmen. Auch werde er wohl nicht für den BR-Verwaltungsrat kandidieren.

Der Geistliche lässt derzeit sein Amt als Vorsitzender des Rundfunkrats wie auch seine weiteren kirchlichen Ämter ruhen. Der Prälat zählt zu den einflussreichsten Kirchenmännern in Bayern. Er ist neben seinen Funktionen im Erzbistum als Leiter des Katholischen Büros die Schnittstelle der Kirche zur Politik in Bayern.

Wolf ist durch die Veröffentlichung des Gutachtens der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) zu Missbrauchsfällen im Münchner Erzbistum in die Kritik geraten. Die Gutachten werfen ihm vor allem vor, im Umgang mit Missbrauchsfällen die Interessen der Beschuldigten vor die der mutmaßlichen Opfer gestellt zu haben.

Keine "absolute Nichtbeteiligung" an Gutachten

Wolf sagte nun weiter: "Ich bin Priester geworden und habe auf eine Familiengründung verzichtet, weil ich für alle Menschen da sein wollte, als Helfer, als Begleiter in allen Lebenslagen, mit Empathie und nie ohne ein Wort, das Hoffnung macht. Dass mir das nicht ausreichend gelungen ist, dafür bitte ich um Entschuldigung."

Der Prälat fügte an, ihm könne keine "absolute Nichtbeteiligung" am WSW-Gutachten nachgesagt werden. Er sei von den Gutachtern mehrere Stunden als Zeitzeuge angehört worden und habe das zugehörige Protokoll aufwendig ergänzt. Zudem habe er Fragen zu 20 Fällen schriftlich in einem Umfang von 140 Seiten beantwortet. Auf die sogenannten Konfrontationsschreiben der Gutachter habe er auf juristischen Rat hin nichts erwidert.

Wolf warf ferner die Frage auf, "ob es sich tatsächlich um ein objektives Gutachten handelt, wenn mehr als 70-mal darauf hingewiesen wird, dass die Bewertung die Meinung des Gutachters wiedergibt, und der geneigte Leser aufgefordert wird, sich aus den dargestellten Sachverhalten selbst ein Urteil zu bilden". "Insgesamt wird die Kirche große Veränderungen brauchen, um den Menschen die Angst zu nehmen, dass in ihren Räumen Unrecht geschieht", erklärte Wolf weiter.

Wolfs Stellungnahme stieß im Rundfunkrat auf Kritik der Grünen-Landtagsabgeordneten Sanne Kurz und Martin Runge. Letzterer warf Wolf eine "langatmige Verteidigungsrede" vor, das sei ein "Missbrauch dieses Gremiums". Der medienpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Helmut Markwort, teilte in einer Presseerklärung mit: Dadurch, dass Wolf als Rundfunkratsvorsitzender nicht zurücktrete, schade er dem Bayerischen Rundfunk und der Kirche weiter. (KNA)