Merz und Söder fordern kirchliche Reformen aus eigener Kraft
Der neugewählte CDU-Vorsitzende Friedrich Merz sieht keinen Anlass, an der Finanzierung der Kirchen über die staatlich eingezogene Kirchensteuer etwas zu verändern. Bei der Pressekonferenz der Unionsparteivorsitzenden am Donnerstag anlässlich der CSU-Landesgruppenklausur betonten Merz wie der CSU-Vorsitzende Markus Söder, dass solche Fragen nicht anstünden und würdigten stattdessen den Beitrag der Kirchen zum Gemeinwohl. Überlegungen, den Status der Kirchen von staatlicher Seite zu ändern, seien sehr zurückhaltend zu bewerten, so Söder. Innerkirchliche Prozesse müsse die Kirche selbst anstoßen.
Beide Politiker zeigten sich betroffen angesichts der anhaltenden Krise der Kirche. "Wir blicken in einen Abgrund, und natürlich muss es noch mehr Aufarbeitung und Konsequenzen geben", sagte Söder. Er wolle aber auch betonen, dass man auch angesichts des Fehlverhaltens etlicher Verantwortlicher in der Kirche auch an die denken müsse, "die in so unglaublich großer Zahl in der Kirche großartiges und wundervolles ehrenamtliches Engagement zeigen". Die CSU sei dem christlichen Menschenbild verpflichtet. "Wir sind nicht die KSU, die Kirchlich-Soziale Union, aber wir glauben an eine Binde- und Integrationskraft der Kirchen", so Söder weiter. Deshalb werde man die Reformprozesse begleiten, aber in Bayern nicht "wie einige es versuchen" alles in Frage stellen. Der bayerische Ministerpräsident halte Reformen zwar für notwendig, als evangelischer Christ halte er sich bei der Kommentierung dazu aber zurück. Mit Blick auf die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare sagte er, dass er selbst der festen Überzeugung sei, dass "jede Liebe segnenswert" ist.
Zustimmung zu Segnung gleichgeschlechtlicher Paare und Zölibatskritik
Der Katholik Merz wünschte der Kirche "nicht nur als Mitglied", dass sie aus ihrer schwierigen Situation herausfinde. Das jüngste Interview von Kardinal Reinhard Marx, in dem er ein Überdenken des priesterlichen Zölibats eingefordert hatte, habe Merz "mit großer Zustimmung" gelesen. Die Krise der Kirchen, die sich an hohen Austrittszahlen nicht nur bei der katholischen sondern auch bei der evangelischen Kirche zeige, sei etwas, das weit über diese selbst hinausgehe. "Wir brauchen diese beiden großen Kirchen als Stabilitätsanker für unsere Gesellschaft", so Merz. Es wäre eine "fatale Entwicklung" für Deutschland, wenn sich der Prozess der Kirchenaustritte nicht umkehren ließe. Nach seiner Wahl zum Parteivorsitzenden habe er Kirchenvertretern bereits das Gespräch angeboten. Er wolle sich dabei persönlich einbringen und "jede Hilfestellung anbieten, die wir leisten können, damit es wieder besser wird". Die etablierten Gespräche mit den großen Kirche wolle er beibehalten, betonte aber zugleich, dass auch andere Glaubensgemeinschaften jederzeit willkommen seien.
Am Mittwoch hatten die Fraktionen der Grünen und der SPD im bayerischen Landtag zwei Dringlichkeitsanträge im Zusammenhang mit dem Münchner Missbrauchsgutachten eingebracht. Die beiden Oppositionsparteien setzen sich unter anderem für einen bayerischen Missbrauchsbeauftragten und eine unabhängige Aufklärungskommission ein. Am Dienstag hatte der SPD-Fraktionschef Florian von Brunn "das jahrelange Verschleppen der Aufklärungsarbeit im Zusammenhang mit der Erzdiözese München und Freising" kritisiert und der Staatsanwaltschaft Versäumnisse vorgeworfen. Von der Landesregierung forderte er Auskunft, ob es eine "'Beißhemmung' bei Fällen in der Kirche" gegeben habe. Die kulturpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion Sanne Kurz, die auch dem Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks angehört, dem der durch das Gutachten belastete Münchner Offizial Lorenz Wolf vorsteht, forderte den Rücktritt Wolfs. "Es ist wichtig, dass wir als Gesellschaft, als Landtag und, ja, auch als Kirche viel mehr Opfer unterstützen, Gehör zu finden!", so Kurz. Dabei müssten auch die Strukturen, die Missbrauch jahrzehntelang ermöglichten, benannt werden. (fxn)