Vier von fünf NRW-Bistümern: Keine Kündigung queerer Mitarbeitender
Vier von fünf Bistümern in Nordrhein-Westfalen verzichten künftig ausdrücklich auf Kündigungen von homosexuellen Mitarbeitenden. Nach Essen, Münster und Paderborn erklärte am Dienstag auch die Diözese in Aachen, dass kirchliche Beschäftigte wegen ihrer sexuellen Orientierung nicht mehr entlassen werden. Damit hat in NRW allein das derzeit von einem Übergangsverwalter geleitete Erzbistum Köln diesen Schritt nicht ergriffen.
"Jeder, der für und in der Kirche arbeitet, muss frei und ohne Angst über sich und seine Person sprechen können, ohne befürchten zu müssen, dass er deswegen eine Kündigung erhält", sagte der stellvertretende Aachener Generalvikar Rolf-Peter Cremer dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwoch). Dem Bericht zufolge gab Cremer eine Selbstverpflichtung für alle Mitarbeitenden sowie für Religionslehrkräfte in seiner Diözese ab. Die sexuelle Orientierung und Identität sowie eine Wiederheirat nach Scheidung werden demnach keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen mehr haben. Das Bistum empfehle diesen Schritt auch katholischen Trägern von Einrichtungen und Organisationen.
Das Erzbistum Paderborn und die Bistümer Münster und Essen hatten zuvor ähnliche Erklärungen abgegeben. Das Erzbistum Köln verwies nach einer kürzlichen Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) auf den Reformprozess Synodaler Weg der katholischen Kirche in Deutschland. Dabei werde über die Stellung queerer Menschen in der Kirche debattiert. Das Erzbistum Köln wolle sich "konstruktiv" in die Diskussion zum kirchlichen Arbeitsrecht einbringen. "Niemand darf wegen seiner sexuellen Orientierung oder seiner geschlechtlichen Identität diskriminiert, abgewertet oder kriminalisiert werden", hieß es weiter.
Kirchliches Arbeitsrecht soll geändert werden
Das kirchliche Arbeitsrecht soll demnächst geändert werden. Derzeit fordert die Kirche von ihren Mitarbeitenden eine Loyalitätspflicht ein: Die Beschäftigten dürfen in der persönlichen Lebensführung sowie im dienstlichen Verhalten die Glaubwürdigkeit der Kirche nicht "gefährden". Das kann unter Umständen auf Menschen zutreffen, die etwa in homosexuellen Partnerschaften leben, da gleichgeschlechtliche Handlungen laut katholischer Lehre "in sich nicht in Ordnung" sind. Eine Kündigung riskieren vor allem Mitarbeitende in Leitungspositionen oder im sogenannten verkündigungsnahen Dienst, also etwa Gemeindereferenten.
Am Montag hatten bereits elf deutsche Generalvikare einen sofortigen Verzicht auf arbeitsrechtliche Konsequenzen für queere und wiederverheiratete Mitarbeitende gefordert. Zudem solle die Überarbeitung der Grundordnung bis zum Sommer abgeschlossen sein. Die kirchlichen Verwaltungschefs formulierten ihre Forderungen in einem Brief an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing. Unterschrieben wurde das federführend vom Trierer Generalvikar Ulrich von Plettenberg verfasste Schreiben auch von den Generalvikaren der (Erz-)Bistümer Berlin, Essen, Hamburg, Hildesheim, Limburg, Magdeburg, Münster, Paderborn, Speyer und des Militärbischofsamts. Eine erste Garantieerklärung dieser Art hatte vergangene Woche bereits der Würzburger Bischof Franz Jung abgegeben.
Eine Debatte um das kirchliche Arbeitsrecht hatte im Januar die Initiative "#OutInChurch" ausgelöst, bei der sich 125 Kirchenmitarbeitende öffentlich als queer zu erkennen gaben. Das englische Wort "queer" ist ein Sammelbegriff für sexuelle Minderheiten, unter denen Homosexuelle die größte Gruppe darstellen. Seit Start der Initiative mehren sich die Stimmen, die für eine Öffnung des kirchlichen Arbeitsrechts werben. Auch im Rahmen des Synodalen Wegs wurde der Ruf nach Veränderungen laut. (cbr/KNA)