Wangerooger Pfarrer: Solche heftigen Stürme habe ich noch nie erlebt
Die beiden Stürme "Ylenia" und "Zeynep" haben in Teilen Deutschlands schwere Schäden verursacht. Besonders hart getroffen wurde auch die Nordseeinsel Wangerooge, dort haben die Unwetter rund 90 Prozent des Badestrandes weggespült. Im Interview mit katholisch.de schildert der katholische Inselpfarrer Egbert Schlotmann seine Eindrücke der vergangenen Tage. Die Schäden am Strand nennt er "extrem", doch mit Blick auf die bevorstehende Urlaubssaison hat er Hoffnung. Sorgen bereiten ihm und den anderen Insulanern allerdings die Gefahren des Klimawandels.
Frage: Pastor Schlotmann, wie haben Sie die Stürme der vergangenen Tage auf Wangerooge erlebt?
Schlotmann: Ich bin seit sieben Jahren auf Wangerooge, aber solche Stürme habe ich hier noch nie erlebt. Das war schon sehr, sehr heftig, was in den vergangenen Tagen über uns hinweggefegt ist. In meiner Wohnung haben sich die Fenster unter der Last des Windes zeitweise richtig gewölbt. Das war wirklich nicht ohne! Ich habe inzwischen mit einigen älteren Insulanern gesprochen, die haben auch gesagt, dass sie sich an Stürme dieser Art nicht erinnern können.
Frage: Haben Sie sich denn schon ein Bild davon machen können, welche Schäden die Stürme auf der Insel angerichtet haben?
Schlotmann: Das ist das Erstaunliche: Abgesehen vom Strand ist auf der Insel gar nicht so viel kaputt gegangen. Ein paar Bäume wurden umgeknickt und ein paar Ziegel von Hausdächern geweht – viel mehr ist nicht passiert. Vor allem aber ist, Gott sei Dank, keine Person zu Schaden gekommen.
„Ich bin gestern am Strand gewesen und muss sagen, dass ich so etwas noch nie gesehen habe.“
Frage: Das klingt nach "Glück im Unglück". Sie haben es aber angesprochen: Zumindest der Strand wurde durch die Stürme stark in Mitleidenschaft gezogen; laut Berichten sollen allein durch den Orkan "Zeynep" 90 Prozent des Badestrandes weggespült worden sein. Wie schwer wiegt dieser Schaden für die Insel, die ja stark vom Badetourismus abhängig ist?
Schlotmann: Ich bin gestern am Strand gewesen und muss sagen, dass ich so etwas noch nie gesehen habe. Grundsätzlich ist es zwar so, dass auch bei "normalen" Stürmen hier immer etwas Sand weggespült wird; aber in dieser extremen Form habe ich das vorher noch nie erlebt. Man sieht kaum noch etwas vom Strand, selbst viele Dünen sind richtig abgebrochen. Und auch wenn nun sicher alles getan wird, um die Schäden so schnell wie möglich zu beseitigen und den Strand wieder aufzuschütten: Für den so wichtigen Tourismus auf der Insel ist diese Situation natürlich eine große Herausforderung.
Frage: Hören Sie denn bei den Insulanern die Sorge, dass die diesjährige Urlaubssaison unter den jetzt entstandenen Schäden leiden könnte?
Schlotmann: Nein, von solchen Sorgen habe ich bislang nichts gehört. Ich denke aber auch, dass man davon ausgehen kann, dass die entstandenen Schäden bis zum Beginn der Urlaubssaison repariert sein werden. In den vergangenen Jahren ging das – allerdings nach weniger heftigen Stürmen – meist ziemlich schnell. Wir als Gemeinde nutzen den Strand in den Sommermonaten vor allem als Ort für die Urlaubsseelsorge, die bei uns natürlich eine große Rolle spielt. Inwieweit wir da in diesem Jahr improvisieren müssen, weiß ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht.
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Frage: Wurde Ihre Pfarrgemeinde durch die Stürme in irgendeiner Form in Mitleidenschaft gezogen?
Schlotmann: Nein, nicht nennenswert. Der Sturm hat lediglich unsere Engelbank zerbrochen. Das ist eine Bank, an die wir vor einigen Jahren Engelsflügel drangeschraubt hatten; und die ist jetzt kaputt. Ansonsten aber haben wir wirklich Glück gehabt – und das, obwohl unsere Kirche ja nur rund 100 Meter vom Strand entfernt ist. Das Gute war, dass der Orkan aus Südwesten gekommen ist. Wäre er aus Nordwesten gekommen, hätte er sicher noch heftiger gewütet.
Frage: Wie gehen die Insulaner mit den Folgen der Stürme jetzt um? Greift man sich auf der Insel gegenseitig unter die Arme?
Schlotmann: Ich denke schon, denn wir sind hier ja nicht nur eine Insel, sondern auch ein kleines Dorf, wo man sich kennt und sich gegenseitig hilft. Wir als Kirchengemeinde versuchen auch, unseren Beitrag zu leisten. Man weiß hier auf der Insel, dass man sich immer an uns wenden kann, wenn man Hilfe braucht.
Frage: Klimaexperten sagen voraus, dass es im Zuge des Klimawandels auch in Deutschland häufiger zu starken Stürmen und sogar Orkanen kommen wird. Wie beurteilen die Insulaner diese Gefahr? Immerhin sind die ostfriesischen Inseln den Naturgewalten ja besonders stark ausgesetzt ...
Schlotmann: Da sprechen Sie ein wichtiges Thema an. Die Sorgen vor den Auswirkungen des Klimawandels sind hier auf der Insel deutlich zu spüren. Dass jetzt innerhalb weniger Tage zwei so heftige Stürme über uns hinweggefegt sind, ist ja schon ein alarmierendes Zeichen. Und tatsächlich muss man ja davon ausgehen, dass es in Zukunft noch schlimmer werden wird. Da stellt sich schon die Frage, wie man die Insel auf Dauer schützen kann. Umso wichtiger ist es, dass wir nun endlich alles dafür tun, die Klimakatastrophe noch abzuwenden.