Bischof Bätzing: Auch Kardinal Woelki hat eine zweite Chance verdient
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, wünscht Kardinal Rainer Maria Woelki eine zweite Chance. "Ich wünsche ihm und dem Erzbistum Köln, dass beide Seiten aufeinander zugehen und Brücken des Dialogs und der Verständigung bauen", sagte Bätzing am Donnerstag bei der Abschlusspressekonferenz der Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe in Vierzehnheiligen. Er wünsche sich, dass ein Weg der Versöhnung im Erzbistum Köln gelinge und hoffe, dass sich dieser positiv auf die Kirche in Deutschland auswirke. "Auch für Kardinal Woelki und das Erzbistum Köln gelten: Jeder hat eine neue Chance verdient."
Weiter begrüßte Bätzing, dass Woelki bei der Vollversammlung dabei war und sich eingebracht habe. "Gleichzeitig bin ich ihm dankbar, dass er dargelegt hat, wie er die Auszeit erlebt und was das in ihm ausgelöst hat." In seinem Hirtenbrief vom Aschermittwoch gebe Woelki Hinweise, wie der Weg zu einem Neubeginn von seiner Seite aussehen kann. "Es liegt nun an allen, das zu konkretisieren." Über Woelkis Angebot zum Amtsverzicht werde man in Rom eine Entscheidung treffen müssen.
Weiterer Verlauf des Synodalen Wegs
Eines der Hauptthemen der Vollversammlung war der weitere Verlauf des Synodalen Wegs. Im Plenum habe man kontrovers über theologische Grundsatzfragen, etwa Anthropologie und Eklessiologie, diskutiert. In Gruppenarbeit habe man sich mit "sehr konkreten Fragestellungen" befasst, die bei der kommenden Synodalversammlung auf der Tagesordnung stünden, etwa die Selbstbindung des Bischofs an diözesane Gremien, die Zukunft der zölibatären Lebensform oder die Förderung der Rolle der Frau in der Kirche. Die Bischöfe hätten reflektiert, welche Veränderungen ihrer Sicht Sicht für die Zukunftsfähigkeit von Kirche notwendig seien. Die Mitbrüder hätten die Diskussionen als "gut investierte Zeit" bezeichnet. Das Verständnis für Positionen, die man selbst nicht teile, sei gewachsen.
Hinsichtlich der Beschlüsse, die vom Synodalen Weg bereits gefasst wurden, sagte Bätzing, dass das Synodalpräsidium entschieden habe, mit der Umsetzung der Beschlüsse sukzessive zu beginnen. Für die Umsetzung aller Beschlüsse, die auch ohne römische Zustimmung möglich sind, werde versucht, ein einheitliches Vorgehen im Bereich der Bischofskonferenz zu ermöglichen. Hierzu werde es eine "Monitoring" der Umsetzung geben, um die Umsetzung zu bündeln. Wie ein solches Vorgehen im Detail aussehen könne, werde weiter erarbeitet. Bätzing unterstrich, dass die Bischöfe mit diesen Entscheidungen mit dem Synodalen Weg "ernst machen". Gleichzeitig müsse jedoch bei der Umsetzung der Synodalbeschlüsse der Unterschiedlichkeit der Diözesen sowie der Tatsache Rechnung getragen werden, "dass bei den Diözesanbischöfen eine hohe Verantwortung liegt".
Über die beiden offenen Briefe der polnischen und nordischen Bischöfe zum Synodalen Weg zeigte sich Bätzing irritiert. Allerdings sprach er auch von "begründeten Sorgen". Er werde als Vorsitzender antworten und so "die Gelegenheit nutzen, deutlich zu machen, was wir wirklich tun". Die katholischen Bischöfe der skandinavischen Länder hatten ebenso wie zuvor ihre polnischen Amtsbrüder in einem Schreiben an Bätzing Bedenken gegen den Reformprozess der Kirche in Deutschland geäußert und vor einer Verwässerung der kirchlichen Lehre und vor Anpassungen an den Zeitgeist gewarnt.
Weiterentwicklung des kirchlichen Arbeitsrechts
Mit Blick auf das kirchliche Arbeitsrecht stellte Bätzing eine Änderung der Grundordnung des kirchlichen Dienstes noch in diesem Jahr in Aussicht. Eine erste Lesung könne voraussichtlich bei der Sitzung des Ständigen Rates im Juni stattfinden. Sollte es noch eine zweite Lesung brauchen, werde diese voraussichtlich im Rahmen der DBK-Vollversammlung im Herbst stattfinden. Die Beratungen sollen "priorisiert vorangebracht" werden, dabei müsse man aber die "vorgesehenen Schritte" einhalten: "Es geht uns Bischöfen um Sorgfalt, Prozesstreue, Sachlichkeit und das Signal, dass es einen Willen zur Veränderung gibt." Bätzing sicherte zu, die Ergebnisse der ersten Lesung bekanntzumachen und Rückmeldungen dazu anzunehmen.
Der vollständige Abschlussbericht
Bericht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, zum Abschluss der DBK-Frühjahrsvollversammlung 2022 in Vierzehnheiligen.
Die bereits bei der letzten Novelle der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Jahr 2015 geplante Evaluierung nach fünf Jahren laufe seit dem vergangenen Jahr, erläuterte der DBK-Vorsitzende. Dabei seien nicht nur die Fragen der Loyalitätsobliegenheiten und der damit verbundenen Kündigungsgefahr im Blick, sondern außerdem auch eine Vielzahl von Einzelfragen. "Die von den Bischöfen angestoßene Reform des Arbeitsrechts verfolgt das Ziel, ein neues Narrativ vom kirchlichen Dienst zu entwickeln, das sich einem institutionenorientierten Ansatz verpflichtet weiß", so Bätzing. Es gehe darum, den Blick nicht vor allem auf die in der Kirche tätigen Personen in ihrer Lebensführung zu richten. Dazu sollen insbesondere die "positiven und bereichernden Aspekte der Arbeit im kirchlichen Dienst" gegenüber dem bisher "überwiegend sanktionierenden Charakter" in den Blick genommen. Daher werde die Grundordnung künftig auch "zentrale programmatische Aussagen zu den Grundlagen des kirchlichen Dienstes" enthalten. Bätzing nannte dabei die Stichworte Sendungsauftrag, Dienstgemeinschaft und Grundfunktionen der Kirche. Außerdem solle die "Verantwortung des Dienstgebers für den Erhalt und die Stärkung des kirchlichen Profils" betont werden.
Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der Kirche
Beim System der Anerkennungsleistungen für Missbrauchsbetroffene zeigte Bätzing sich bestärkt, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Die Vollversammlung habe mit großem Interesse den Tätigkeitsbericht der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) aufgenommen, den die Kommission Mitte Februar vorgestellt hatte. Für das Jahr 2021 hatte die UKA 606 Anträge von Betroffenen mit insgesamt knapp 13 Millionen Euro an Anerkennungsleistungen beschieden. Die Zahlen zeigten, "welches Ausmaß der sexuelle Missbrauch an Kindern, Jugendlichen und erwachsenen Schutzbefohlenen in der katholischen Kirche hat, den es umfassend aufzuarbeiten und aufzuklären gilt", so Bätzing. Sie verdeutlichten auch, dass die Bischöfe trotz Startschwierigkeiten und weiter bestehenden Herausforderungen ein "unabhängiges, transparentes, sinn- und wirkungsvolles Anerkennungssystem" eingerichtet hätten. Auf Grundlage des Berichts der UKA werde das System überprüft und dort angepasst, "wo es noch nicht vollumfänglich seinen Zielen gerecht wird". Auf die deutliche Kritik des Betroffenenbeirats bei der DBK am System der Anerkennungsleistungen ging Bätzing in seinem Bericht nicht ein.
Außerdem würdigte der DBK-Vorsitzende den Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, der sein Amt im Februar nach gut zehn Jahren abgegeben hatte. "Er war in all dieser Zeit ein wichtiger und konstruktiv-kritischer Gesprächspartner für die deutschen Bischöfe", sagte Bätzing und würdigte die Gemeinsame Erklärung über verbindliche Kriterien und Standards für eine unabhängige Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland, die ein Ergebnis der guten Zusammenarbeit mit dem Beauftragten sei. Mittlerweile hätten sich in 60 Prozent der Diözesen die in der Erklärung vereinbarten unabhängigen Aufarbeitungskommissionen konstituiert, in den anderen befänden sie sich im Aufbau, ein ähnliches Verhältnis gebe es bei der institutionellen Betroffenenbeteiligung.
Die deutschen Diözesan- und Weihbischöfe hatten seit Montag in dem oberfränkischen Wallfahrtsort getagt. Themen der Beratungen waren unter anderem die Lage in der Ukraine, die Reformdebatte Synodaler Weg sowie die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals. Am Mittwoch übergab die Initiative "#OutInChurch" eine Petition mit rund 118.000 Unterschriften zum Umgang mit queeren Beschäftigten. Am Dienstag hatte die DBK ihr neues Wort zur Seelsorge vorgestellt. (mal/fxn)