Deutsche Bischöfe: Patriarch Kyrill muss sich vom Krieg distanzieren
Die deutschen Bischöfe haben das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche aufgerufen, sich vom Ukraine-Krieg eindeutig zu distanzieren. Patriarch Kyrill I. müsse ein klares Wort sprechen, heißt es in einer am Donnerstag in Vierzehnheiligen vorgestellten Erklärung. "Die Welt braucht das gemeinsame Zeugnis der Kirchen gerade in Zeiten der Not und der Verwerfungen. Dies sind auch Zeiten der Entscheidung." Gleichzeitig hob die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) jene Stimmen von Geistlichen der russisch-orthodoxen Kirche hervor, die den Krieg verurteilten.
Rüstungslieferungen an die Ukraine sind für die Bischöfe legitim, wenn diese dazu dienten, "dass das angegriffene Land sein völkerrechtlich verbrieftes und auch von der kirchlichen Friedensethik bejahtes Recht auf Selbstverteidigung wahrnehmen kann". Befürwortern wie Gegnern sei jedoch aufgetragen, "präzise zu bedenken, was sie damit aus- und möglicherweise auch anrichten". Die Kirche werde weiter bei Exporten von Rüstungsgütern eine restriktive Bewilligungspraxis außerhalb der Nato anmahnen. "Denn wir wissen, dass die (nur allzu oft leichtfertige und nicht selten auch von Gewinninteressen getriebene) Bereitstellung von Gewaltmitteln die realen Möglichkeiten zur Gewaltanwendung erweitert."
Die von der Bundesregierung angekündigten zusätzlichen 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr bezeichneten die Bischöfe in ihrer Erklärung zum Abschluss ihrer Frühjahrsvollversammlung als grundsätzlich legitim. Dieser Schritt dürfe nicht pauschal mit politischen Kampfbegriffen wie "Aufrüstungspolitik" oder "Militarisierung der Außenpolitik" belegt werden. Angesichts der hohen Summe dürften aber auch andere Schritte für den Frieden in der Welt nicht in den Hintergrund rücken. "Nicht zuletzt zählen dazu die Verbesserung der Lebensbedingungen in armen Ländern und eine entschlossene Klimapolitik, deren Ausbleiben nicht nur das Leben in manchen Regionen unseres Planeten gefährden würde, sondern auch und gerade deshalb konkrete sicherheitspolitische Implikationen hätte." Auch manche Auslandseinsätze der Bundeswehr blieben um des Friedens willen geboten.
Auch EU-Bischöfe appellieren an Kyrill
An die christlichen Gemeinden appellierten die Bischöfe, ähnlich wie bei der Flüchtlingsbewegung aus dem Nahen und Mittleren Osten nun auch bei Geflüchteten aus der Ukraine zu helfen. Zudem warnten sie davor, dem Gegner von Kriegshandlungen das Menschsein abzusprechen. Niemandem sei es erlaubt, die Verfeindung der Gegner anzustacheln. "Wir sind allen dankbar, die Zeichen des Mitgefühls auch für die Opfer der anderen Seite setzen."
Unterdessen appellierten auch die Bischöfe der EU an den Moskauer Patriarchen Kyrill, Widerspruch gegen den Angriff auf die Ukraine zu erheben. Der Vorsitzende der Bischofskommission COMECE in Brüssel, Kardinal Jean-Claude Hollerich, forderte das russisch-orthodoxe Oberhaupt am Donnerstag auf, sich bei der politischen Führung für eine diplomatische Lösung auf der Basis von Gesprächen sowie für die Einhaltung des internationalen Rechts einzusetzen. In seinem Brief mahnte Hollerich weiter, Kyrill solle sich für "sichere humanitäre Korridore und ungehinderten Zugang zu humanitärer Hilfe" stark machen. Der Kardinal erinnerte an die gemeinsame Erklärung, die der Patriarch und Papst Franziskus 2016 angesichts damaliger Feindseligkeiten in der Ukraine unterzeichneten. "Bitte lassen Sie diese kraftvollen Worte nicht ins Leere laufen", appellierte Hollerich. (tmg/KNA)
Die vollständige Erklärung
Der Aggression widerstehen, den Frieden gewinnen, die Opfer unterstützen. Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz zum Krieg in der Ukraine.