Weltorthodoxie streitet seit Jahren über Kirche in der Ukraine

Moskauer Patriarchat erwartet Kampf um kirchliche Einheit

Veröffentlicht am 15.03.2022 um 19:02 Uhr – Lesedauer: 
Bild: © KNA

Moskau/Sankt Petersburg ‐ Der russische Angriffskrieg in der Ukraine betrifft auch die orthodoxe Kirche. Ein Vertreter des Moskauer Patriarchats befürchtet, ein "intensiver Kampf" um die kirchliche Einheit stehe bevor. Das verband er mit Vorwürfen gegen andere Patriarchate.

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Russlands Krieg gegen die Ukraine entzweit die orthodoxe Kirche. Der Außenamtschef des Moskauer Patriarchates, Metropolit Hilarion, sagte am Dienstag, Signale unter anderem des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel sprächen dafür, "dass uns ein intensiver Kampf um die kirchliche Einheit erwartet". Er warf laut Kirchenangaben ungenannten Vertretern der Patriarchate von Konstantinopel und Alexandria vor, die "jetzige tragische Lage" zur Förderung der 2018 gegründeten eigenständigen (autokephalen) Kirche der Ukraine nutzen zu wollen.

Nach Hilarions Worten versuchten Konstantinopel und Alexandria, Kiews Metropoliten Epiphanius und "die von ihm geleitete schismatische Gemeinschaft populär zu machen". Eine "neue Prüfung für die Einheit unserer Kirche und der gesamten Orthodoxie" seien "die jüngsten Ereignisse in der Ukraine", so Hilarion bei einer Veranstaltung in Sankt Petersburg. Die Mehrheit der orthodoxen Landeskirchen habe eine "ausgewogene, friedensstiftende Haltung" zu den "Vorgängen" in der Ukraine eingenommen. Viele konzentrierten sich auf die humanitäre Hilfe für die Opfer.

In der Weltorthodoxie wird seit Jahren um die Ukraine gestritten. Die russisch-orthodoxe Kirche brach 2018 mit dem gesamtorthodoxen Ehrenoberhaupt, dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. von Konstantinopel, nachdem er in der Ukraine die Gründung der autokephalen Kirche für das Land auf den Weg gebracht hatte. Das Moskauer Patriarchat beendete später auch die sogenannte eucharistische Gemeinschaft mit den Oberhäuptern der orthodoxen Kirchen von Griechenland, Alexandria in Afrika und Zypern. Trotz Warnungen aus Moskau hatten diese ebenfalls die neue ukrainische Kirche anerkannt.

Streit um Ukraine in der Weltorthodoxie

Die "Orthodoxe Kirche der Ukraine" entstand 2018 aus dem 1992 gegründeten Kiewer Patriarchat und der 1921 ins Leben gerufenen Ukrainischen Autokephalen Orthodoxen Kirche. Sie steht im Gegensatz zur ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats, die von Moskau als zunehmend bedroht dargestellt wird.

Die russisch-orthodoxe Kirche gilt als sehr kremlnah, Patriarch Kyrill I. ist ein enger Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Wegen der Haltung der Kirche im Krieg in der Ukraine fordert der bekannte tschechische Ökumeniker Pavel Cerny deren Ausschluss aus dem Weltkirchenrat (ÖRK). Die russische Orthodoxie sei wie in der Zeit des Kommunismus "in der Ökumene weiterhin sehr einflussreich", und man müsse ihr "oft nachgeben", so Cerny, der von 1997 bis 2005 Vize- sowie von 2005 bis 2009 Vorsitzender des Ökumenischen Rates der Kirchen in Tschechien war.

Patriarch Kyrill I. glaube so wie Russlands Präsident Wladimir Putin an eine "abermalige Verbindung von Thron und Altar", erklärte der emeritierte Vorsitzende der Tschechischen Brüderkirche (Cirkev bratrska). Im russisch-ukrainischen Krieg zeige sich dieses "grauenhafte Bündnis in seiner ganzen Nacktheit". (cph/KNA)