Nach Video-Konferenz: Moskauer Patriarch sieht Einigkeit mit Papst
Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. bewertet die Lage in der Ukraine nach eigenen Angaben sehr ähnlich wie Papst Franziskus und der anglikanische Primas Justin Welby. Kyrill I. betonte am Freitag in Moskau vor dem Obersten Kirchenrat, "wie wichtig es ist, dass sich bei meinen persönlichen Video-Kontakten mit dem Papst und dem Erzbischof von Canterbury ein hohes Maß an Einigkeit und Verständnis gezeigt hat". Als vielleicht wichtigsten Eindruck habe er gewonnen, "dass unsere Gesprächspartner sich nicht von uns distanziert haben oder zu unseren Feinden geworden sind".
Das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche hatte am Mittwoch zuerst mit Franziskus und dann mit Welby per Videoschalte gesprochen. Dabei habe man vor allem die Frage der Sicherheit der Menschen in der Ukraine sowie die kirchliche Haltung zum "ukrainischen Thema" erörtert, so Kyrill I. nun. Die Gespräche bewertete er positiv mit Blick auf die Aufrechterhaltung guter Beziehungen zwischen den Kirchen und auch auf die Entwicklung einer gemeinsamen Herangehensweise an die "Situation" in der Ukraine. Den Begriff "Krieg" verwendete der Patriarch nicht.
Kyrill I. führte nicht aus, wo die Kirchen übereinstimmten. Direkt nach dem Gespräch mit dem Papst hatte das Moskauer Patriarchat mitgeteilt, beide Seiten würden dem "laufenden Verhandlungsprozess" große Bedeutung zumessen. Sie hofften zudem, "dass so bald wie möglich ein gerechter Frieden erreicht werden kann".
Der Moskauer Patriarch gilt als enger Verbündeter von Präsident Wladimir Putin. Er rechtfertigte mehrfach den russischen Krieg gegen die Ukraine. Zudem übergab er jüngst dem Chef der in der Ukraine kämpfenden russischen Nationalgarde, Wiktor Solotow, eine Marienikone. Diese solle junge Soldaten inspirieren, die das Vaterland verteidigten.
Franziskus hatte hingegen betont, Kriege seien immer ungerecht. "Diejenigen, die die Rechnung für den Krieg bezahlen, sind Menschen; es sind die russischen Soldaten und es sind die Menschen, die bombardiert werden und sterben", zitierte ihn der Vatikan nach dem Gespräch mit Kyrill I. Kritiker werfen dem Moskauer Patriarchat vor, das Videotelefonat mit dem Papst für eigene Zwecke im Ukraine-Krieg zu instrumentalisieren und ihn der Öffentlichkeit als Partner der russisch-orthodoxen Kirche darzustellen.
Kreml-Chef Putin beruft sich unterdessen im russischen Krieg gegen die Ukraine auf die Bibel. Ziel der "Militäroperation" sei, die Menschen im ostukrainischen Donbass vor einem "Völkermord" zu retten, sagte er am Freitag bei einer Großveranstaltung im Moskauer Luschniki-Stadion. "Und hier kommen mir die Worte aus der Heiligen Schrift in den Sinn: Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt", wird Putin vom Kreml zitiert. "Und wir sehen, wie heldenhaft unsere Jungs bei diesem Einsatz handeln und kämpfen."
Der Bibelvers stammt aus dem Johannesevangelium (Joh 15,13). Diese Worte der Heiligen Schrift seien nicht nur für Christen wichtig, so Putin. Hier handele es sich um einen universellen Wert für alle Glaubensrichtungen in Russland und "in erster Linie für unser Volk". Und weiter: "Die beste Bestätigung dafür ist, wie sie kämpfen, wie sich unsere Jungs während dieser Militäroperation verhalten: Schulter an Schulter, sie helfen, unterstützen sich gegenseitig; und wenn nötig, schützen sie ihren eigenen Bruder mit ihren Körpern vor einer Kugel auf dem Schlachtfeld", so der Kreml-Chef. "So eine Einheit hatten wir schon lange nicht mehr." (rom/KNA)