Generalsekretär Demele: "Aktuelle Entwicklung ist trauriger Höhepunkt"

Nicaraguas Regime entzieht Kolping-Stiftung Rechtsgrundlage

Veröffentlicht am 19.03.2022 um 09:58 Uhr – Lesedauer: 

Managua ‐ Bereits weit über 100 Nichtregierungsorganisationen in Nicaragua wurde von Präsident Ortega der juristische Boden entzogen. Nun hat es auch die Kolping-Stiftung in dem zentralamerikanischen Land getroffen.

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Die sandinistische Regierung in Nicaragua hat der Kolping-Stiftung sowie zwei Dutzend weiteren Nichtregierungsorganisationen den Status als juristische Person entzogen. Einen entsprechenden Bericht des Portals "Confidencial" (Donnerstag Ortszeit) bestätigte Markus Demele, Generalsekretär des Sozialverbandes Kolping International, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) auf Anfrage.

"Die aktuelle Entwicklung in Nicaragua ist der traurige Höhepunkt einer sich seit längerem abzeichnenden Entwicklung für die Zivilgesellschaft im Land", so Demele. Seit 2007 seien demokratische Institutionen "systematisch demontiert oder durch Zwang personell auf Linie der Regierung gebracht worden".

Zwischen November 2018 und März 2022 hat die sandinistische Regierung von Präsident Daniel Ortega bereits rund 140 Nichtregierungsorganisationen, Stiftungen, zivilgesellschaftlichen Vereinigungen, die sich in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Menschenrechte, Bildung, Gesundheit und Demokratie engagierten, die juristische Grundlage entzogen. Sie sind allesamt verboten, aufgelöst, weggesperrt.

"Es ist deutlich erkennbar, wie Daniel Ortega und seine Regierung die Justiz gefangen genommen haben", sagte die Amerika-Direktorin von Amnesty International, Erika Guevara Rosas, zuletzt im Gespräch mit dem KNA-Mediendienst. "Die meisten dieser Menschen wurden aufgrund eines Erlasses inhaftiert; eines Gesetzes, das nicht mal strafrechtliche Sanktionen vorsieht, sondern auf Willkür basiert."

Diplomatie nutzen, um Druck auf Ortega auszuüben

Amnesty International fordert deshalb erneut die internationale Gemeinschaft auf, alle diplomatischen Kanäle zu nutzen, um Druck auf Ortega und seine Regierung auszuüben, damit alle politischen Häftlinge unverzüglich und bedingungslos freigelassen würden. "Verhaftungen sind zu einer Strafe geworden, um die Stimmen derer zum Schweigen zu bringen, die die demokratischen Rechte verteidigen oder ihre Rechte ausüben; die Stimmen der Menschen zum Schweigen zu bringen, die sich der Regierung von Daniel Ortega widersetzen", so Guevara Rosas.

Die zuständige Kolping-Länderreferentin Katharina Hager, sagte der KNA auf Anfrage: "Die Stiftung Kolping Nicaragua ist die Rechtsform, über die die Mitglieder in den Selbsthilfegruppen, genannt Kolpingsfamilien, ihre Projekte abwickeln." Nun sei der Stiftung am 16. März per Beschluss der Nationalversammlung der Status als juristische Person entzogen worden. Bereits 2021 war ihr eine notwendige Konformitätsbescheinigung nicht ausgestellt worden, so dass Aktivitäten der Stiftung faktisch unmöglich gemacht wurden.

"Es muss damit gerechnet werden, dass auch dem Verband die juristische Person entzogen wird", so Hager. Generalsekretär Demele will die Hoffnung aber nicht aufgeben. "Zwar ist die Lage für die mutigen Bürgerinnen und Bürger nun noch schwieriger geworden; aber Kolping gibt es in Nicaragua seit 1998. Gemeinsam werden wir weiter nach Wegen suchen, die Stimme der Zivilgesellschaft und ihre Projekte für die Benachteiligten hörbar zu machen."

Nicaragua erlebt seit 2018 eine Krise mit landesweiten Protesten gegen die linksgerichtete Ortega-Regierung. Seit Beginn kamen rund 350 Menschen ums Leben, Tausende wurden verletzt. Nicaraguas Kirche, Nichtregierungsorganisationen und unabhängige Medien kritisierten immer wieder Menschenrechtsverletzungen der Regierung.

Vor den Wahlen Anfang November wurden mehrere Präsidentschaftskandidaten verhaftet, allesamt Rivalen des amtierenden Präsidentenpaares Daniel Ortega und Rosario Murillo. Ortega gewann den Wahlgang; zahlreiche Länder erkennen aber den Sieg nicht an. (KNA)