Misshandlungen in kirchlichen Heimen sollen aufgeklärt werden

Kanadische Indigene fordern Unterstützung von Papst Franziskus

Veröffentlicht am 28.03.2022 um 17:00 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Die Funde von Kindergräbern in der Nähe von Heimen für Indigene erschütterten im vergangenen Jahr Kanada und die Welt. Nun haben Vertreter der Ureinwohner den Papst getroffen und die Aufklärung der Misshandlungen gefordert.

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Vertreter des indigenen Volks der Metis aus Kanada fordern Unterstützung von Papst Franziskus. Sie hätten mit der Aufarbeitung der Misshandlung von indigenen Kindern in kirchlichen Einrichtungen begonnen, nun sei es am Papst, sie dabei zu unterstützen, erklärte die Vorsitzende des Metis National Council, Cassidy Caron, nach dem Treffen mit dem Papst.

Zu den konkreten Forderungen gehörten beispielsweise der Zugang zu kirchlichen Aufzeichnungen über die Schulen. "Wir müssen unsere Geschichte wieder zusammensetzen, wir müssen wissen, was mit den Kindern passiert ist, wo die sind, die nicht zurückgekehrt sind", erklärte Caron. Einige dieser Aufzeichnungen lägen auch in Generalhäusern von Ordensgemeinschaften in Rom, darum hätten sie Franziskus um seine Unterstützung gebeten.

Das forderte auch Natan Obed, Vorsitzender der kanadischen Vereinigung "Inuit Tapiriit Kanatami" im Fall eines mutmaßlichen Missbrauchstäters. Er hoffe, die Kirche könne auf diesen einwirken, dass er sich kanadischen Gerichten stelle.

Papst empfing Indigenen-Vertreter im Vatikan

Franziskus hatte am Montag Indigenen-Vertreter der Metis und Inuit aus Kanada zu privaten Gesprächen im Vatikan empfangen. Begleitet wurden die Repräsentanten von kanadischen Bischöfen. Beide Gespräche seien geprägt gewesen von dem Wunsch des Papstes, zuzuhören und Raum für die schmerzlichen Geschichten der Überlebenden zu schaffen, erklärte der Vatikan danach.

Hintergrund der Reise sind die in den vergangenen Jahren zutage getretenen Skandale um Misshandlungen, Missbrauch und teils katastrophale Zustände in früheren kirchlichen Schulen und Erziehungseinrichtungen. Darunter litten vor allem die Kinder indigener Familien. Im 19. und 20. Jahrhundert waren Schätzungen zufolge mehr als 100.000 Kinder indigener Mütter - oft zwangsweise - in kanadischen Heimen untergebracht.

An den sogenannten Residential Schools (Internaten) sollten die Mädchen und Jungen unterrichtet und an die Gesellschaft und Kultur der europäischen Einwanderer angepasst werden. Das schloss etwa ein Verbot der indigenen Sprachen ein. Die Mädchen und Jungen der First Nations, der Inuit oder der Metis - Nachfahren europäischer Händler und indigener Frauen - konnten ihre Familien über Jahre hinweg nur selten sehen. Betreiber waren zumeist katholische Ordensgemeinschaften, das Geld kam vom Staat.

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Zudem wurden seit Mai 2021 an ehemaligen Heimen sterbliche Überreste von über 1.000 Kindern entdeckt. Seither steht das Thema im Fokus, in Kanada und international. In dem Zusammenhang wurden Forderungen an den Papst laut, er solle zum Thema Stellung beziehen und nach Kanada kommen. Franziskus hatte im Oktober seine Bereitschaft signalisiert, das nordamerikanische Land "zu gegebener Zeit" zu besuchen. Ein konkreter Termin wurde nicht genannt.

Die aktuelle Reise der kanadischen Delegation nach Rom war bereits für vergangenen Dezember geplant, wurde jedoch coronabedingt verschoben. Für Franziskus soll es neben den beiden privaten Treffen am Montag ein weiteres mit Vertretern der First Nations am Donnerstag geben. Geplant ist ebenso eine Abschlussaudienz mit der gesamten Delegation am Freitag. Am Dienstag werden die Indigenen-Vertreter die Vatikanischen Museen besuchen. Die Sammlung des Völkerkundemuseums dort umfasst mehr als 80.000 Objekte, darunter auch Werke indigener Völker. (rom/KNA)

28.3., 19 Uhr: ergänzt um weitere Informationen.