"Ein Zeichen der Fürsorge"
Frage: Herr Meta, mit dem Besuch von Papst Franziskus am Sonntag wird Albanien viel Aufmerksamkeit erhalten. Welche Bedeutung hat dieser Besuch?
Meta: Der Besuch von Papst Franziskus ist unsere Chance, der Welt zu zeigen, wer wir sind. Solche Gelegenheiten gibt es nicht oft. Ein Papstbesuch ist wichtig. Besonders dieser hier, immerhin zieht Franziskus die Sympathie vieler Menschen auf sich, auch die vieler Albanern. Für die Menschen hier ist dieser Besuch ein Zeichen der Fürsorge des Papstes.
Frage: Warum hat sich der Papst Albanien als erstes Reiseziel für einen offiziellen Papstbesuch in Europa außerhalb Italiens ausgesucht?
Meta: Die Reise des Papstes hat zwei Dimensionen: Zum einen will er an das Leid des albanischen Volkes und der albanischen Kirche unter dem kommunistischen Regime erinnern. Zum anderen will er eine Kultur des Dialogs fördern, die so notwendig für unsere Zeit ist – vor allem im Hinblick auf die vielen Konflikte im Nahen Osten. Auch wir Albaner legen Wert darauf, in Frieden zu leben – allerdings müssen wir immer wieder daran arbeiten. Indem der Papst hierher kommt, lenkt er die Aufmerksamkeit Europas auf Albanien; vor allem jetzt, wo wir Europa einerseits sehr nah sind, und andererseits aufgrund unserer Geschichte auch sehr weit von ihm entfernt.
Frage: Es handelt sich bei dem Besuch des Papstes um den zweiten Besuch eines katholischen Oberhauptes in Albanien. Vor 21 Jahren, kurz nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, hatte Papst Johannes Paul II. das Land besucht. Wo steht das Land heute?
Meta: Wenn der Papst uns am Sonntag besucht, wird er eine lebendige Kirche mit vielen jungen Menschen vorfinden. Vieles hat sich in den vergangenen 21 Jahren zum Guten verändert. Wir haben einen albanischen Klerus, eigene Schulen, und nehmen caritative Aufgaben wahr, die den Armen, Verlassenen und Kindern unserer Gesellschaft dienen soll. Wir sind eine Kirche, die in Bewegung ist – immerhin gibt es auch noch viele Aufgaben für uns: Vieles, was vom Zweiten Vatikanischen Konzil ausging, müssen wir uns noch aneignen - besonders in Hinsicht auf den Dienst der Laien, wozu zum Beispiel auch Pfarrgemeinderäte und Kirchenverwaltungen gehören. Im Moment steht bei uns noch mehr der Klerus als Christus im Mittelpunkt.
Frage: Was sind die wichtigsten Herausforderungen für die katholische Kirche in Albanien heute?
Meta: Die Kirche Albaniens befindet sich zur Zeit in der Selbstreflektion. Wir müssen zu unseren Wurzeln, zu Christus, gehen. Die Kirche muss ihre pastorale Dimension wiedergewinnen. Je menschlicher sie ist, je näher sie den Menschen ist, desto göttlicher ist sie. Deswegen sind heute Themen wie Familie, Scheidung, Armut, Arbeitslosigkeit unsere dringlichsten Aufgaben, auch die Gewalt gegen Frauen und Kinder ist ein Problem, dem wir uns annehmen müssen. Von diesen Problemen hat Albanien viele. Die Kirche kann beispielsweise jemandem, der geschieden ist oder ohne Trauschein mit einem Partner zusammenlebt, nicht sagen, dass er nicht mehr zu den Sakramenten zugelassen ist. Sie muss sich hinsetzen, zuhören, verstehen, heilen und umarmen, wie der gute Samariter, wie Christus.
Frage: Ein Höhepunkt des Papstbesuchs ist das Zusammentreffen von Papst Franziskus mit den Vertretern anderer Religionen. Wie funktioniert der ökumenische Dialog mit der orthodoxen Kirche in Albanien und welche Rolle spielt er?
Meta: Der Dialog mit der orthodoxen Kirche ist sehr wichtig. So arbeiten wir zum Beispiel in der Ausbildung von Geistlichen bereits zusammen. Auch untereinander pflegen wir ein gutes Verhältnis. Ehen zwischen Katholiken und Orthodoxen gibt es oft, aber auch zwischen Christen und Muslimen. Der interreligiöse Dialog ist also eine tägliche, aber auch schöne Herausforderung, die dem Zusammenleben dient.
Frage: Der Papst möchte nicht in einem gepanzerten Fahrzeug fahren. Gibt es Sicherheitsbedenken?
Meta: Es ist mehrmals vom Vatikan betont worden, dass es kein Sicherheitsrisiko gibt. Der Sprecher des Papstes, Federico Lombardi, hat erklärt, dass Franziskus mit dem gleichen Wagen wie sonst auf dem Petersplatz unterwegs sein wird, da er den Menschen so nah wie möglich sein möchte.
Das Interview führte Angelina Verbica