Theologe Spiegel: Ukraine sollte weiße Fahne hissen
Der Vechtaer Theologe und Friedensforscher Egon Spiegel hat die Ukraine aufgerufen, sich Russland zu ergeben. Er würde eine militärische Kapitulation anraten, sagte Spiegel den Zeitungen der Mediengruppe Oberfranken (Mittwoch). Das bedeute jedoch nicht, aufzugeben, "was den Menschen in der Ukraine lieb und teuer ist".
Spiegel kritisiert, dass in der Ukraine "das Spektrum gewaltfreier Mittel im Vorfeld der Entscheidung zum Krieg nicht auch nur rudimentär bemüht worden" sei. Aus dem Recht auf Selbstverteidigung könne nicht auf ein Recht auf militärische Gegenmaßnahmen geschlossen werden. "In jesuanischer Perspektive sind militärische Mittel und also auch Waffenlieferungen keine Option." Es müssten alle Möglichkeiten gewaltfreien Widerstands ausgeschöpft werden. "Belarussische Eisenbahner haben es erst vor kurzem demonstriert, indem sie Schienenverbindungen in die Ukraine für den Transport russischer Militärgüter unbrauchbar gemacht haben", so Spiegel. Das Potential an professionell durchgeplanten Aktionen, das die Friedens- und Konfliktforschung bereithalte, sei dagegen noch weitgehend ungenutzt.
Organisierte gewaltfreie Verteidigung
Der Friedensforscher plädiert für eine Stärkung der organisierten gewaltfreien Verteidigung. Dies sei in der Ukraine zu wenig passiert. Mit jeder gewaltfreien Aktion würden militärische verdrängt. "Selbst militärische Hardliner dürften gegen einen so gearteten Mix nichts einzuwenden haben, sondern ihn im Interesse der Konfliktlösung sogar begrüßen." Repräsentanten der Kirchen seien dazu glaubwürdig, "wenn sie anstelle von Waffenlieferungen und ähnlichem auf die Alternative setzen würden". Denn Frieden und Freiheit gründeten nicht auf Aufrüstung. "Alle Aufrüstungsmaßnahmen vergrößern das Risiko der Ausweitung des Krieges."
Egon Spiegel ist Inhaber des Lehrstuhls für Praktische Theologie an der Universität Vechta und arbeitet schwerpunktmäßig zu den Themen christliche Friedensforschung und Friedenserziehung. Er arbeitet zudem am UNESCO-Lehrstuhl für Friedensforschung in Nanjing/China. (cph)