Papst Franziskus: Verweltlichte Priester sind klerikalisierte Heiden
Papst Franziskus hat in der Chrisammesse an Gründonnerstag Priester vor einer Abkehr von Jesus und vor Verweltlichung gewarnt. Ein verweltlichter Priester sei nichts anderes als ein klerikalisierter Heide, so das Kirchenoberhaupt in der Predigt vor den Geistlichen des Bistums Rom. Jesus sei der einzige Weg, "um nicht in die Irre zu gehen". Menschliche Habgier biete verborgenen Götzendiensten einen "fruchtbaren Boden", erklärte Franziskus den rund 1.800 anwesenden Geistlichen. Zu solchen Götzendiensten zählten etwa Kontrollsucht, die sich nur auf Zahlen und Statistiken berufe statt auf "persönliche Eigenschaften" der Menschen.
Ein weiterer Irrweg sei die Fixierung auf Effizienz, der es rein ums Funktionieren gehe. Darüber werde Gott verdrängt. Man vergesse, dass Gott die Welt "mit Zärtlichkeit" erschaffen habe und die Dinge nicht "nur funktionieren lässt". Um sich diesen Versuchungen zu stellen, sollten Priester sich täglich mit Jesus auseinandersetzen – etwa so als würde er in ihrer Pfarrkirche sitzen. "Jesus Christus bewirkt, dass die Götzen aufgedeckt werden, dass ihre Anwesenheit, ihre Wurzeln und ihre Wirkweise sichtbar werden", so Franziskus. Nur ohne Streben nach weltlichem Ruhm und in Treue zu Gott könne ein Priester "dem heiligen gläubigen Volk Gottes guten Gewissens dienen".
Danach weihte der Papst das Chrisamöl, das im Laufe des Jahres für die Spendung der Sakramente verwendet wird, etwa bei der Taufe oder der Krankensalbung. Nach zwei Jahren mit reduzierter Teilnehmerzahl war der Petersdom in diesem Jahr wieder gut gefüllt. Neben den 1.800 Geistlichen nahmen rund 2.500 weitere Gläubige an dem Gottesdienst teil. Traditionell sind zur Chrisammesse am Gründonnerstag alle Geistlichen des Bistums Rom in die vatikanische Basilika eingeladen. Am Nachmittag wird Franziskus mit einer Messe in einem Gefängnis nahe Rom an das letzte Abendmahl Jesu erinnern und zwölf Insassen der Justizvollzugsanstalt von Civitavecchia die Füße waschen. Neben Sozialeinrichtungen besuchte er in den vergangenen Jahren bereits verschiedene Haftanstalten. Aufgrund der Corona-Pandemie musste er diese Tradition zwei Jahre aussetzen.
Papst an Seminaristen: Lieber aufmüpfig als frömmlerisch
Bei einem Gespräch mit Mitgliedern des Jesuiten-Ordens Anfang April auf Malta sagte Franziskus, dass ihm aufmüpfige Priester- und Ordenskandidaten lieber sind als Duckmäuser. "Ich möchte die Seminaristen um eines bitten: Seid normale Menschen, ohne euch einzubilden, ihr wäret 'große Apostel' oder 'Frömmler'", so der Papst. Auszüge aus dem Gespräch veröffentlichte die Zeitung "La Stampa" am Donnerstag.
"Seid normale Jungs, die in der Lage sind, Entscheidungen über ihr Leben auf der Straße zu treffen", forderte er anwesende Theologiestudenten auf. Besonders ärgere ihn "die Heuchelei einiger Vorgesetzter". Heuchelei als Führungsinstrument sei schrecklich, so der Papst. Probleme dürften nicht kaschiert, sondern müssten angesprochen werden. Daher sollten Vorgesetzten sich "daran gewöhnen, ein Enfant terrible zu haben. Man muss geduldig sein und sie korrigieren, aber oft sind sie wirklich gut", so Franziskus. Junge Menschen dürften niemals genormt werden. Jeder junge Mensch sei ein Unikat. Leider habe man viele in eine Schablone gepresst und so gebrochen.
Bei seinen Auslandsreisen pflegt Franziskus sich jeweils mit einer Gruppe örtlicher Jesuiten zu treffen. Jorge Bergoglio gehört selber dem Orden an. Bei den eher locker gehaltenen Gesprächen geht der Papst auf Fragen der Ordensleute ein, bittet sie auch um ihre Einschätzung. Diese Gespräche werden einige Zeit später von Antonio Spadaro, dem Chefredakteur der Jesuiten-Zeitschrift "Civilta Cattolica", veröffentlicht. Dieses Mal gab er einen Vorabauszug an die Turiner Tageszeitung "La Stampa". (tmg/KNA)