Schweizer Kapuziner gilt als besonnener Hirte der katholischen Minderheit

Brückenbauer in der Wüste: "Arabien-Bischof" Paul Hinder wird 80

Veröffentlicht am 22.04.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Abu Dhabi/Jerusalem ‐ Mit Fingerspitzengefühl und differenziertem Blick wirkt Bischof Paul Hinder seit fast 20 Jahren auf der arabischen Halbinsel. An diesem Freitag wird der Kapuziner 80 Jahre alt. Eilig scheint es der Papst mit einem Nachfolger nicht zu haben.

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Ein Brückenbauer wolle er sein – einer dem es gelingt, die Menschen spüren zu lassen, dass Gott jedem Menschen Gutes will. So umriss der Kapuzinerpater Paul Hinder 2004 kurz nach seiner Weihe zum Bischof sein neues Amt: Weihbischof des Apostolischen Vikariats Arabien, der Arabischen Halbinsel also, und damit des flächenmäßig größten katholischen Kirchenbezirks der Welt.

Seither hat er sich als differenzierter und besonnener Hirte der katholischen Minderheit in islamischen Landen einen Namen gemacht. Am 22. April feiert der Schweizer Ordensmann seinen 80. Geburtstag.

Seit 1962 Kapuziner

Im Schweizer Kanton Thurgau geboren, tritt Paul Hinder 1962 in den Kapuzinerorden ein, dem Orden, dem seit 1889 das Wohl der Christen Arabiens anvertraut ist. Hinder studiert Theologie in Solothurn, promoviert in Freiburg/Schweiz und wird zunächst in der Seelsorge und der Novizenausbildung seines Ordens tätig. Erst Regionaloberer der Deutschschweizer Kapuziner, dann Provinzial der Schweizer Kapuziner, wird Hinder 1994 im Generalrat des Ordens für die deutsch- und französischsprachigen Provinzen verantwortlich. Auch der Nahe Osten fällt in sein Ressort.

Bild: ©Patryk Kosmider/Fotolia.com (Symbolbild)

Hinders "Bischofssitz" ist Abu Dhabi. In den Vereinigten Arabischen Emiraten genießen Christen relative Freiheiten.

Papst Johannes Paul II. war es, der den damals 61-Jährigen zum Weihbischof Arabiens bestellte und später zum Apostolischen Vikar von Arabien und Jemen mit Sitz in Abu Dhabi, Vereinigte Arabische Emirate (VAE) ernannte. "Gerechtigkeit und Friede und Freude" lautet der Spruch, den Hinder für sein Bischofsamt wählte.

Bei Amtsantritt Hinders zählten sechs Länder zum Vikariat: Saudi-Arabien, Bahrain, VAE, Oman, Katar und Jemen. Auf die rund 3,1 Millionen Quadratkilometer seines Amtsbezirks kamen 1,3 Millionen Katholiken. Fast alle sind Ausländer, der Islam Staatsreligion. Hinders Gläubige sind Gastarbeiter. Sie kommen aus Indien, den Philippinen, aber auch dem Irak und Libanon.

Unterschiedliche politische Realitäten

Heute hat sich die Zahl der Katholiken mit 3,5 Millionen mehr als verdoppelt, auch die Zahl der Priester in der Seelsorge ist gestiegen. Erstmals hat mit Franziskus 2019 ein Papst die Region besucht. Eine Nuntiatur in Abu Dhabi, neue Kirchen und Pfarreien sind hinzugekommen, darunter die im Dezember 2021 eingeweihte Kathedrale "Unsere Liebe Frau von Arabien" in Bahrain. Strenggenommen gehört sie nicht mehr in den Einzugsbereich Hinders. Das Gebiet wurde 2011 durch Papst Benedikt XVI. in ein nördliches und ein südliches Vikariat geteilt. Ein Comboni-Missionar, Bischof Camillo Ballin, übernahm den nördlichen Teil mit Kuweit, Bahrain, Saudi-Arabien und Katar. Als Ballin im April 2020 starb, übernahm Hinder bis auf Weiteres auch wieder Nordarabien.

Homogen sind in dem Großgebiet weder die politischen Realitäten noch die Gemeinde. In Saudi-Arabien etwa, das die heiligsten Stätten des Islam beherbergt, ist der Bau von Kirchen ebenso verboten wie das öffentliche Zurschaustellen nicht-islamischer Religionen. Die Situation dort, heißt es auf der Webseite des Vikariats, "ähnelt derjenigen der frühen christlichen Gemeinschaften". In den Emiraten hingegen genießen Christen relative Freiheiten. Die Toleranz hat auch hier seine Grenzen. Missionieren etwa ist streng verboten.

Bild: ©Vatican Media/Romano Siciliani/KNA (Archivbild)

Einer der Höhepunkte in Hinders Amtszeit war der Besuch von Papst Franziskus in Abu Dhabi im Jahr 2019.

Dass ein Europäer auf seinen Posten kommen musste, sei fast ein Muss, erklärte Hinder bei seinem Amtsantritt. Anders seien die komplizierten Verhältnisse in der Region und damit verbundene Anfordernisse wie Visa und Co. kaum zu bewerkstelligen.

Hinder übernahm sein Amt in schwierigen Zeiten. Die Anschläge des 11. September hatten das Verhältnis zwischen dem Westen und der islamischen Welt verschärft. Immer wieder betonte Hinder die weltanschauliche Nähe von Islam und Christentum. Der Schutz menschlichen Lebens und der Familie, die Überwindung von Armut und das Engagement für Gerechtigkeit und Frieden seien Anknüpfungspunkte.

Wichtigkeit des Dialogs

Denen im Westen, die Angst vor dem Islam haben, hält Hinder gern den Spiegel hin. Seine These: Wer unsicher in der eigenen religiösen Praxis sei, lasse sich durch eine fremde Religion schneller verunsichern. Kritisch bewertete er in diesem Zusammenhang das Schweizer Minarettverbot und betont, dass am Dialog zwischen Christen und Muslimen kein Weg vorbeiführe.

Schon vor fünf Jahren hat Hinder dem Papst seinen altersbedingten Rücktritt angeboten. Bisher jedoch scheint es, als habe es das Kirchenoberhaupt nicht eilig, seinen besonnenen Mann auf der Arabischen Halbinsel zu ersetzen.

Von Andrea Krogmann (KNA)