Bremer Pastor Latzel weist Vorwurf der Volksverhetzung zurück
Im Fall des wegen Volksverhetzung verurteilten Pastors Olaf Latzel (54) hat am Montag der Berufungsprozess vor dem Landgericht Bremen begonnen. Der konservative evangelische Theologe wies den Vorwurf zurück, in einem auch auf YouTube veröffentlichten Eheseminar zum Hass gegen Homosexuelle und Intergeschlechtliche angestachelt zu haben. In der Verhandlung, die am Freitag fortgesetzt wird, sollen nun zwei theologische Gutachter gehört werden, die unterschiedliche Positionen vertreten. Er habe lediglich die Homosexualität und die Gender-Theorie verurteilt, nicht aber die betroffenen Menschen, sagte Latzel, der erneut mit einer Bibel im Gerichtssaal erschien. "Was ich möchte, ist eine Abgrenzung zu falscher Lehre. Aber was ich genauso wenig möchte, ist eine Ausgrenzung von Menschen."
Die Bibel verurteile ganz klar homosexuelle Taten als Sünde. "Aber die Homosexuellen gehören ganz selbstverständlich zu unserer Gemeinde und zu unserer Gemeinschaft hinzu." In der Vergangenheit habe er sich bereits gegen den Ausschluss eines homosexuellen Gemeindemitglieds eingesetzt, betonte Latzel. Der Geistliche erklärte, er liege mit seiner Position auf einer Linie, die die Kirche schon seit 2.000 Jahren vertrete. Konservative Pastoren wie er seien in jüngster Zeit jedoch zu einer Minderheit geworden und gerieten immer mehr unter Rechtfertigungsdruck.
Der Pastor der Bremer Sankt-Martini-Gemeinde hatte in dem 2019 gehaltenen Eheseminar unter anderem Homosexualität als "Degenerationsformen von Gesellschaft" bezeichnet und gesagt: "Überall laufen diese Verbrecher rum, von diesem Christopher Street Day." Er sprach von "Genderdreck", der ein "Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung" und "zutiefst teuflisch und satanisch" sei. Das Amtsgericht Bremen hatte den Theologen deshalb Ende November 2020 zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 90 Euro, also insgesamt 8.100 Euro, verurteilt. Latzel hatte Berufung dagegen eingelegt, über die das Landgericht Bremen nun entscheiden muss.
Staatsanwältin lehnt Einstellung des Verfahrens ab
In der Sitzung am Montag wurden zwei Teilnehmer des Eheseminars als Zeugen gehört sowie ein Teil der Aufzeichnung der Veranstaltung abgespielt. Richter Hendrik Göhner verlas neben dem Urteil des Amtsgerichts auch knapp eine Stunde lang die Berufungsbegründung der Verteidigung. Darin plädiert Verteidiger Sascha Böttner auf Freispruch. Er wirft unter anderem dem Amtsgericht sachliche Fehler vor und beruft sich auf die Religionsfreiheit. Böttner bekundete den Wunsch, das Verfahren gegen Geldauflage einzustellen und damit auf eine öffentliche Verhandlung zu verzichten. Dem stimmte Staatsanwältin Melina Lutz jedoch nicht zu. Das öffentliche Interesse liege auf der Hand, begründete sie.
Wie Richter Göhner am Ende der Sitzung bekanntgab, will das Gericht am Freitag die Theologen Ludger Schwienhorst-Schönberger aus Wien und Isolde Karle aus Bochum als Gutachter hören. Schwienhorst-Schönberger ist katholisch und gilt als konservativ, Karle ist evangelisch und gilt als liberal. Ursprünglich hatte das Gericht den konservativen Göttinger Theologen Christoph Raedel mit der Expertise beauftragt. Nach öffentlicher Kritik hatte dieser sich jedoch zurückgezogen. Das Urteil könnte am 20. Mai gesprochen werden. Es darf laut einem Gerichtssprecher nicht härter ausfallen als das Urteil des Amtsgerichts. (KNA)
9.5., 15:40 Uhr: Ergänzt um weitere Details.