Bischof Ackermann beendet Arbeit als DBK-Missbrauchsbeauftragter
Der Trierer Bischof Stephan Ackermann wird das Amt des Missbrauchsbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) zur Herbstvollversammlung in Fulda im September abgeben. Das teilte die Bischofskonferenz am Donnerstag in Bonn mit. Zugleich kündigten die Bischöfe an, die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in kirchlichen Zusammenhängen neu aufzustellen.
Es brauche möglichst bald eine neue und breiter aufgestellte Verantwortungsstruktur, damit die katholische Kirche in Deutschland der Vielschichtigkeit der Thematik des sexuellen Missbrauchs und der Dimension des Aufgabenfeldes künftig noch mehr gerecht werden kann, erklärte Ackermann laut Mitteilung. Er gebe daher sein Amt ab.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, dankte Ackermann für dessen zwölf Jahre als Missbrauchsbeauftragter. Ohne das Wirken des Trierer Bischofs seien etwa die Interventions- und Präventionsordnung der Deutschen Bischofskonferenz und andere Dokumente nicht denkbar, inbesondere die 2018 veröffentlichte MHG-Studie zu sexuellem Missbrauch an Minderjährigen. "Mit ihrer nicht einfachen Vorgeschichte war es Bischof Ackermann, der wesentlich zur Umsetzung dieses für uns wichtigen und wegweisenden Forschungsvorhabens beigetragen hat", betonte Bätzing.
Claus: Ackermann hat Aufarbeitung vorangetrieben
Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, betonte auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), die Beauftragung Ackermanns 2010 sei ein wichtiges Signal gewesen, das zu diesem Zeitpunkt so deutlich von keiner anderen Institution gekommen sei. Zugleich habe er durch sein Verhalten als Bischof in Trier viel Kritik auf sich gezogen.
Ackermann habe entscheidend dafür gesorgt, dass Prävention und Aufarbeitung von Missbrauch in der katholischen Kirche vorangetrieben würden, sagte Claus. Seit 2010 wurden konsequent wichtige Schritte bei der verbindlichen Weiterentwicklung der Prävention und Intervention für alle Bistümer erreicht. Dagegen habe er als Trierer Bischof viel Unmut auf sich gezogen. Claus nannte in diesem Zusammenhang die Nennung des Klarnamens einer unter Pseudonym bekannten Betroffenen sexueller Übergriffe. Sie erklärte weiter, sie hoffe, dass nun mit Blick auf die Aufarbeitung von Missbrauch in der katholischen Kirche kein Vakuum entstehe, da ein Konzept zur Neuaufstellung erst im Herbst vorgestellt werden solle.
Der Sprecher der Betroffenenorganisation "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, würdigte Ackermanns Arbeit als DBK-Missbrauchsbeauftragter. Zugleich betonte er am Donnerstag auf Anfrage jedoch, dass es Zeit für einen Neuanfang sei. Die Schwächen, die bei Ackermanns Arbeit zutage getreten seien, fielen "auch in die Verantwortung seiner Mitbrüder, die ihn dafür beauftragt haben", sagte Katsch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Ackermann habe sich bemüht, seiner schwierigen Aufgabe gerecht zu werden; ein Beauftragter könne aber "nur so stark agieren, wie ihn die Auftraggeber lassen". Es sei gut, dass Ackermann nach zwölf Jahren die Aufgabe als Missbrauchsbeauftragter abgebe, erklärte Katsch. Gerade durch eigene Verstrickungen in den Umgang mit Fällen sexueller Gewalt in seinem Bistum sei das schon länger notwendig gewesen.
Katsch hob hervor, dass Ackermann sich dem Austausch mit Betroffenen gestellt habe, "auch wenn das oft im Ergebnis folgenlos blieb". Dies habe sich etwa in dem Bemühen um "eine echte Entschädigungsregelung" gezeigt. Der "Eckige Tisch" begrüße die von der Bischofskonferenz geplante Neuaufstellung. Zugleich sei die Frage offen, welche Rolle dabei die Laienvertretungen und die Betroffenen, die die Kirche auf ihren eigenen Wunsch hin berieten, spielen sollten.
ZdK: "Entscheidende Erfolge"
Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) würdigte Ackermann. Dem Trierer Bischof seien "entscheidende Erfolge zu verdanken", erklärte die ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp am Donnerstag in Berlin. Ackermann habe dazu beigetragen, dass die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) Anfang 2021 ihre Arbeit aufgenommen habe. Auch die Ausarbeitung von Präventionskonzepten trage seine Handschrift. "Bischof Ackermann hat 2010 eine Aufgabe übernommen, um die sich mutmaßlich niemand in der Bischofskonferenz gerissen hat", sagte Stetter-Karp. Dafür zolle sie ihm "Respekt und Anerkennung". Im Verlauf der Jahre seien die Anforderungen immer weiter gestiegen. "Die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals hat sich als eine sehr komplexe Aufgabe erwiesen." Fehler Ackermanns der jüngeren Zeit machten deutlich, dass ein Neuanfang wichtig sei, betonte die ZdK-Präsidentin. So könne die Kirche unter Beweis stellen, dass sie aus Fehlern gelernt habe.
Ausdrücklich zu begrüßen sei deswegen die Ankündigung der Bischofskonferenz, mit dem Rückzug von Ackermann auch den Aufgabenbereich der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in kirchlichen Zusammenhängen neu aufzustellen, sagte Stetter-Karp. "Ich verstehe darunter, dass die Konsequenzen aus der MHG-Studie von 2018 noch klarer gezogen werden", erklärt Stetter-Karp. Dass die Bischofskonferenz angekündigt habe, Bischof Ackermann bleibe bis September dieses Jahres im Amt, heiße hoffentlich, dass bis zu diesem Zeitpunkt das neue Konzept strukturell und personell stehe, so Stetter-Karp. "Es wäre nicht auszudenken, wenn die Aufgabe über einen längeren Zeitraum brach läge."
Der Verein "Missbrauchsopfer und Betroffene im Bistum Trier" (Missbit) begrüßt Ackermanns angekündigten Rückzug als Missbrauchsbeauftragter. Dieser Schritt sei längst überfällig, sagte Missbit-Sprecher Hermann Schell am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Trier. Ackermann sei mit der Aufgabe überfordert gewesen. Schell betonte: "Eine solch umfassende Aufgabe hätte von Anfang an auf mehrere Schultern verteilt werden müssen."
Zuletzt Kritik
Ackermann (59) hatte das neu geschaffene Amt 2010 übernommen. Damals hatte der Leiter des Berliner Canisius-Kollegs, Pater Klaus Mertes, den Missbrauchsskandal an der Jesuitenschule bekannt gemacht. Er löste damit eine Welle von weiteren Enthüllungen zu Fällen sexualisierter Gewalt in der Kirche und in anderen Institutionen aus.
Zuletzt stand der Trierer Bischof massiv in der Kritik, weil er den Klarnamen einer unter Pseudonym bekannten Betroffenen sexueller Übergriffe offen gelegt hatte. Die Frau aus dem Bistum Trier, die selbst Angestellte des Bistums ist, hatte als "Karin Weißenfels" mehrfach von "geistlichem Missbrauch" und sexuellen Übergriffen durch einen Priester vom Ende der 1980er bis Anfang der 2000er Jahre berichtet. Ackermann hatte ihren bürgerlichen Namen vor etwa 40 Mitarbeitenden des Bistums genannt. Er unterschrieb danach eine Unterlassungserklärung und bat die Frau um Entschuldigung. Betroffeneninitiativen und der Betroffenenbeirat der DBK hatten Ackermanns Verhalten kritisiert und ihm einen Rücktritt nahegelegt.
Ackermann ist seit 2009 Bischof von Trier. Als Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz war er federführend mit der Aufarbeitung von Missbrauch in der katholischen Kirche befasst. Gemeinsam mit dem damaligen Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, erarbeitete er für die DBK eine 2020 verabschiedete Erklärung mit Kriterien zur strukturellen Aufarbeitung von Missbrauch in allen deutschen Diözesen. Überdies leitet Ackermann in der Bischofskonferenz die Liturgiekommission. (mal/KNA)
12.5., 13:25 Uhr: Ergänzt um weitere Details. 13:55 Uhr: ergänzt um Zitate von Ackermann und Bätzing.
12.5, 14:26 Uhr: Ergänzung zum Zeitraum des Missbrauchs an "Karin Weißenfels" in Absatz 5. 14:45 Uhr: Ergänzt um Stellungnahme von Katsch. 15:25: Ergänzt um "Missbit".
12.5., 17:00 Uhr: Ergänzt um Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung. 18:30 Uhr: Ergänzt um ZdK.