Äbtissin zu geplantem Psalter-Verkauf: Wir haben Fehler gemacht
Mit Blick auf einen möglichen Verkauf des Marienthaler Psalters und weiterer mittelalterlicher Handschriften hat das Kloster Sankt Marienthal im sächsischen Ostritz Fehler eingeräumt. Die Zisterzienserinnen der Abtei wollten, "dass nach Möglichkeit die Bücher, die wir seit Jahrhunderten hüten, weiter an diesem Ort bleiben", erklärte die Äbtissin Elisabeth Vaterodt in einer am Donnerstagabend verbreiteten Pressemitteilung.
Das Kloster hatte sich zuvor an einen Handschriftenhändler gewandt, der Werke in einem Auktionskatalog zum Verkauf anbietet. "Uns lag es vor allem daran, den Wert der Bücher für einen potenziellen Verkauf zu ermitteln", so die Äbtissin. Dabei sei es zu einer Entwicklung gekommen, "die wir nicht gewollt und deren Größe wir unterschätzt haben". Die Äbtissin bekräftige die Bereitschaft der Schwesterngemeinschaft, mit weiteren Akteuren, die sich in der Frage zu Wort gemeldet hätten, "gemeinsam eine Lösung zu suchen".
Protest von Archivaren, Historikern und Politikern
Gegen einen Verkauf vor allem des Marienthaler Psalters, einer reich illustrierten Handschrift vom Beginn des 13. Jahrhunderts, hatten Archivare, Historiker und Politiker in den Sozialen Medien mit der Begründung protestiert, es handle sich um ein Werk von europäischem Rang. Auch aus Sicht von Sachsens Kulturministerium wäre es ein "unersetzbarer Verlust".
Zur Begründung der Verkaufsabsichten hatte die Äbtissin große finanzielle Probleme der Abtei angeführt. Sie bedrohten die Existenz des seit 1234 ununterbrochen bestehenden Klosters. So hätten die Restaurierungsmaßnahmen nach dem Neiße-Hochwasser von 2010 trotz staatlicher Förderung dazu geführt, dass das Kloster fünf Millionen Euro selbst aufbringen musste. Überdies habe die Corona-Pandemie zu weitgehenden Einnahmeausfällen geführt, weil Beherbergung, Gastronomie und Klosterladen zwei Jahre geschlossen waren.
Älteste ununterbrochen bestehende Zisterzienserinnenabtei Deutschlands
Zur Deckung dieser Kosten und zur Abgeltung von Krediten seien bereits die "Altersrücklagen" der derzeit acht, meist alten Schwestern des Konvents verwendet worden, so die Äbtissin. Bei einer Schätzung sei für den Marienthaler Psalter ein Wert von bis zu fünf Millionen Euro veranschlagt worden. Bei den Gesprächen mit dem Kloster in den vergangenen drei Jahren habe die Landesregierung jedoch nur einen Teil dieser Summe angeboten, um den Psalter in Sachsen zu halten. Wenn dies möglich wäre, wäre es eine "ideale Lösung", betonte die Äbtissin.
Das Kloster Sankt Marienthal ist die älteste ununterbrochen bestehende Zisterzienserinnenabtei in Deutschland. Sie wurde 1234 gegründet und blieb auch nach der Reformation katholisch. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, während der Säkularisation, widersetzten sich die Schwestern erfolgreich einer staatlichen Aufhebung ihres Klosters. Nach der Festlegung der Oder-Neiße-Grenze 1945 verlor der Konvent ein Drittel seines Grundbesitzes im heutigen Polen. Es gelang ihm aber, bei der Bodenreform in der DDR einer Enteignung zu entgehen. Bundesweit bekannt wurde das Kloster im Jahr 2010, als ein Neiße-Hochwasser dort Schäden in Millionenhöhe verursachte. (stz/KNA)