Münchner Missbrauchsgutachten kostete fast 1,5 Millionen Euro
Für ihr Missbrauchsgutachten im Auftrag der Erzdiözese München und Freising hat die Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) rund 1,45 Millionen Euro in Rechnung gestellt. Das teilte ein Bistumssprecher am Donnerstag auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit. Von der Summe umfasst sei die Erstellung des Gutachtens über einen Zeitraum von zwei Jahren. "Hinzu kommen Auslagenkosten für die Veröffentlichung, insbesondere die Vorbereitung und Durchführung der Pressekonferenz und die Einbeziehung weiterer Experten durch die Kanzlei", so der Sprecher.
Zu den Kosten des ersten WSW-Gutachtens für die Erzdiözese von 2010 konnte der Sprecher keine Angaben machen. Diese seien "uns nicht bekannt und nach über 10 Jahren auch kaum mehr nachvollziehbar". Der Sprecher verwies auf die Aufbewahrungspflicht von zehn Jahren für solche Rechnungen.
Das zweite Gutachten war am 20. Januar dieses Jahres veröffentlicht worden. Auf insgesamt etwa 1.900 Seiten listet es Versäumnisse führender Kirchenverantwortlicher bei der Bekämpfung von Missbrauch Minderjähriger durch Geistliche seit 1945 auf. Noch lebende Persönlichkeiten wie der frühere Münchner Erzbischof und Papst Benedikt XVI. wiesen die Vorwürfe zurück, räumten aber auch in unterschiedlichem Umfang eigenes Versagen ein. Der Münchner Domdekan Lorenz Wolf (66) war der einzige, der persönliche Konsequenzen zog und seine zwei wichtigsten Ämter aufgab, die Leitung des Katholischen Büros und den Posten des obersten Kirchenrichters der Erzdiözese
Kanzlei erklärt unterschiedlich hohe Rechnungen
Für ihr nicht veröffentlichtes Kölner Gutachten hatte die Kanzlei Kosten von etwas über 750.000 Euro geltend gemacht. Anwalt Ulrich Wastl sagte auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), die unterschiedlich hohen Rechnungen beruhten vor allem auf Unterschieden beim jeweiligen Aufwand. Der Untersuchungszeitraum für München und Freising sei um 31 Jahre länger gewesen, der Kölner Textteil umfasse 348 Seiten, der Münchner 1.600. In München seien weitaus mehr Zeitzeugen und Betroffene kontaktiert worden. Insbesondere lebende Verantwortliche hätten mehrfach befragt werden müssen, weil sie sich "gegenseitig für ihre Fehlverhaltensweisen verantwortlich machten", so Wastl in einer ausführlichen Stellungnahme.
Weitaus schwierigere Abstimmungen seien in München außerdem "im Hinblick auf äußerungsrechtliche Fragestellungen und Drohungen seitens Verantwortlicher" notwendig gewesen, führte der Anwalt aus. Einer von ihnen habe sogar gedroht, gegen die Veröffentlichung des Gutachtens vorzugehen. Bis heute seien indes keine derartigen rechtlichen Schritte unternommen worden. (KNA)
19.5., 18 Uhr: Ergänzt um Statement der Kanzlei WSW.