Wittenberg: Stadtkirchengemeinde offen für Abnahme von Schmähplastik
Die Stadtkirchengemeinde Wittenberg schließt eine Abnahme der judenfeindlichen Schmähplastik von der Fassade der Stadtkirche nicht länger raus. Der Gemeindekirchenrat habe sich für deutlichere Schritte im Umgang mit der Plastik ausgesprochen, teilte das Gremium am Freitag mit.
Der Beleidigung aller Juden und ihres Glaubens müsse ein deutlicher und sichtbarer Ausdruck für die christliche Abkehr von Judenfeindlichkeit entgegengesetzt werden. Im Prozess der Neugestaltung sei dem Gemeindekirchenrat wichtig, wie Juden dieses Schandmal erlebten und wie aus ihrer Sicht eine angemessene Neukonzeption der Stätte der Mahnung aussehen könnte.
Relief aus dem 13. Jahrhundert
Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom Juni darf das als Wittenberger "Judensau" bekannte Sandsteinrelief aus dem 13. Jahrhundert an seinem bisherigen Ort bleiben. Die vorangegangene Verhandlung sowie die öffentliche Debatte darum hätten jedoch klargemacht, "dass eine deutlichere Distanzierung der Kirchengemeinde vom Antisemitismus der Plastik nötig ist", erklärte der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates, Jörg Bielig.
Der Text auf der Erklärungstafel vor der Kirche werde neu gefasst. Auch ein Ortswechsel der Plastik und eine Integration in ein Mahnmal werde von der Kirchengemeinde nicht mehr ausgeschlossen.
Der Bundesgerichtshof hatte entschieden, dass das Sandsteinrelief weiter an der Stadtkirche der Lutherstadt verbleiben darf (Az.: VI ZR 172/20). Isoliert betrachtet verunglimpfe die Schmähplastik zwar das Judentum als Ganzes. Dieser Zustand sei durch die beklagte Kirche jedoch durch das Anbringen einer Bodenplatte und eines Aufstellers mit der Aufschrift "Mahnmal an der Stadtkirche Wittenberg" beseitigt worden. (epd)