Müller kritisiert Umgang von Papst Franziskus mit Kardinal Woelki
Kardinal Gerhard Ludwig Müller hat den Umgang von Papst Franziskus mit dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki kritisiert. "Ich sehe nicht den geringsten Grund, warum Kardinal Woelki zurücktreten müsste", sagte Müller am Wochenende der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Rom. Gegen Woelki liege absolut nichts vor, er sei lediglich das Opfer von Diffamierungskampagnen.
Papst Franziskus hatte Mitte Juni erklärt, er wolle sich mit seiner Entscheidung über Woelkis Rücktrittsgesuch Zeit lassen. Er habe den Kölner Erzbischof nach dessen Anfang Februar erfolgter Rückkehr aus einer mehrmonatigen Auszeit zunächst an seinem Platz gelassen, "um zu sehen, was passieren würde, aber ich habe sein Rücktrittsgesuch in der Hand", so Franziskus in einem Interview mit den europäischen Kulturzeitschriften des Jesuitenordens.
Müller: Der Papst ist nicht der Chef der Bischöfe
Darin hatte das Kirchenoberhaupt auch kritisiert, dass es viele Gruppen gebe, die in der Causa Druck machten – "aber unter Druck ist es nicht möglich, zu unterscheiden". Die Tatsache, dass es unterschiedliche Standpunkte gebe, sei in Ordnung. "Das Problem ist, wenn Druck entsteht. Das hilft aber nicht. Ich glaube aber nicht, dass Köln die einzige Diözese in der Welt ist, in der es Konflikte gibt. Und ich behandle sie wie jede andere Diözese in der Welt, die Konflikte erlebt", erklärte der Papst damals. Franziskus hatte Woelki im Kontext der Kölner Missbrauchsstudie "große Fehler" insbesondere in seiner Kommunikation vorgeworfen.
Müller kritisierte diesen Schwebezustand für Woelki gegenüber der dpa scharf. "So wird der Eindruck erweckt, dass die Bischöfe nur Schachfiguren sind, die der Papst nach Belieben versetzen kann. Dabei sind die Bischöfe eigentlich von Christus eingesetzt, dem Papst im Bischofsamt gleichrangig. Der Papst ist nicht der Chef, der Arbeitgeber der Bischöfe. Er kann nur im äußersten Fall einen Bischof entlassen."
Mit Blick auf den Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland erklärte Müller, dass sich die an dem Reformprozess beteiligten Katholiken seiner Meinung nach einer Illusion hingäben. Die im Rahmen des Synodalen Wegs angestrebten Neuerungen hätten keinerlei Chance auf Umsetzung, sagte der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation. "Der Grund dafür ist nicht, dass wir hier in Rom diktatorisch auf unseren Überzeugungen beharren oder Macht ausüben wollen. Der Grund ist, dass die Kirche von Jesus Christus eingesetzt und entworfen worden ist. Wir haben keine Vollmacht, diese Ordnung zu verändern", so Müller.
Der Kardinal betonte jedoch, dass er nicht dafür sei, den Reformprozess komplett aufzugeben. Eine Synodalversammlung, in der die deutschen Bischöfe mit Laienvertretern zusammenarbeiteten und etwa über die Frage diskutierten, wie sexueller Missbrauch künftig verhindert werden könne, sei durchaus sinnvoll. "Die Kirche ist eine Gemeinschaft der Glaubenden, in der alle mitwirken sollen. Sie besteht nicht aus Befehlsgebern und Befehlsempfängern", sagte Müller. Die Laien hätten ein Recht, mitzuwirken, und dies geschehe ja auch auf vielfältige Weise etwa in Pfarrgemeinderäten und Diözesanräten. Die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sollten aber aufhören, den Eindruck zu erwecken, dass sie durch ihren nationalen Prozess die katholische Weltkirche in wesentlichen Punkten nach ihrem Gutdünken umkrempeln könnten.
Papst nennt Absender der Vatikan-Erklärung zum Synodalen Weg
Der Heilige Stuhl hatte in der vorvergangenen Woche in einer knappen Erklärung mit Blick auf den Synodalen Weg vor Alleingängen bei Kirchenreformen gewarnt. Der deutsche Reformprozess sei "nicht befugt, die Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtungen der Lehre und der Moral zu verpflichten", so der Heilige Stuhl. Vor einer mit der gesamten Weltkirche abgestimmten Übereinkunft dürften in den Bistümern keine neuen amtlichen Strukturen oder Lehren eingeführt werden, "welche eine Verletzung der kirchlichen Gemeinschaft und eine Bedrohung der Einheit der Kirche darstellen würden". Es sei aber "wünschenswert", dass die Vorschläge des Synodalen Weges "in den synodalen Prozess, auf dem die Universalkirche unterwegs ist, einfließen mögen".
Nachdem zunächst unklar gewesen war, wer hinter dem Papier steckte, erklärte Franziskus am Wochenende auf dem Rückflug aus Kanada, dass der Text vom vatikanischen Staatssekretariat verfasst worden sei. Zugleich betonte der Papst, dass es ein Fehler gewesen sei, den genauen Absender nicht zu kommunizieren. Dabei habe es sich jedoch lediglich um ein Versehen gehandelt, nicht um böse Absicht. (stz)