Jesuitenpater Jörg Alt blockiert Nürnberger Hauptverkehrsstraße
Der Jesuit Jörg Alt hat am Dienstagmittag zusammen mit anderen Aktivisten den Altstadtring in Nürnberg blockiert und dabei seine Hand mit Sekundenkleber auf dem Asphalt fixiert. Ein am Dienstag von den Jesuiten verbreitetes Bild zeigt den Pater mit Priesterkragen auf der Straße vor dem Hauptbahnhof sitzend. "In der Klimakatastrophe hat die Kirche die Pflicht, die Regierung an ihre moralische Verantwortung den Menschen gegenüber zu erinnern", so Alt. Mit an der Aktion beteiligt waren Aktivisten der "Letzten Generation" sowie "Extinction Rebellion".
Am Abend schrieb der Ordensmann auf Twitter: "Gerade wurde ich von der Polizei entlassen. Mit ca. 35 anderen erwartet mich jetzt ein Strafverfahren wegen Nötigung und Eingriff in den Straßenverkehr." Die Behandlung durch die Polizei sei "übrigens sehr OK" gewesen, fügte er hinzu: "Erneut war deutlich: Auch sie würden lieber sinnvollere Dinge machen." Die Polizei bestätigte, sie habe "wegen des Verdachts der Nötigung entsprechende strafrechtliche Ermittlungsverfahren" eingeleitet.
Unterstützung kam von mehreren kirchlichen Organisationen wie den Ordensfrauen für Menschenwürde, katholischen und evangelischen Umweltbeauftragten, mehreren Hochschulpfarrern sowie weiteren Persönlichkeiten, darunter der frühere CSU-Landtagsabgeordnete Hermann Imhof und der Münchner Sozialethiker Markus Vogt. Sie äußern in ihrer Erklärung zwar Bedenken, ob Straßenblockaden ein geeignetes Mittel des gesellschaftlichen Dialogs seien. Dennoch hätten sie Verständnis für eine Beteiligung, da die üblichen Mittel wie Demonstrationen, Publikationen, Petitionen und Diskussionen in den letzten Jahren nicht vermocht hätten, "Gesellschaft und Politik in angemessenes Handeln zu bringen". Wer die gewaltfreien Aktionen zivilen Ungehorsams nicht gut fände, möge gerade deshalb die Warnungen der Wissenschaft ernst nehmen und dazu beitragen, dass Gesellschaft und Politik handelten.
Politik handele zu langsam
Ähnlich argumentiert der Jesuitenorden. Alt selbst betonte, "friedliche Autobahnblockaden und die fatale, durch den Ukrainekrieg erkennbar gewordene Abhängigkeit von fossilen Energien haben noch nicht die notwendigsten Erst-Maßnahmen wie eine Verkehrswende erwirkt, wo mit einfachen Mitteln viel Einsparungen möglich wären – etwa durch ein Tempolimit oder autofreie Sonntage". Die Politik handele zu langsam.
An der Aktion beteiligt war auch Henning Jeschke von der Gruppe "Letzte Generation". Er beteiligte sich im vergangenen Sommer und Herbst an einem Hungerstreik in Berlin. "Wenn die Regierung der jungen Generation den Krieg erklärt, haben jeder und jede Einzelne jetzt die Abwägung zu treffen, auf welcher Seite der Geschichte er oder sie stehen", sagte er. Deshalb stünden immer mehr Teile der Gesellschaft, Politiker sowie nun auch Vertreter der Kirche im Widerstand auf den Straßen zusammen.
Pater Alt hatte zuletzt Schlagzeilen im Zusammenhang mit dem sogenannten Containern gemacht. Nachdem er Lebensmittel aus dem Müll von Supermärkten entwendet und sich selbst angezeigt hatte, ermittelt die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth wegen des Verdachts auf besonders schweren Diebstahl. Eine erste Einstellung des Verfahrens nahm Alt nicht hin. Er vermutete hinter der Entscheidung politische Gründe sowie eine Bevorzugung, weil er Priester ist. Bei anderen Menschen wäre angesichts der geltenden Rechtslage und deren Auslegung durch die Gerichte ein solcher Fall "unverzüglich und mit der ganzen Härte des Gesetzes zur Anklage gebracht worden", hieß es. Mit der Aktion will der Jesuit Druck auf die Bundesregierung machen, ein Gesetz zur Rettung von Lebensmitteln auf den Weg zu bringen und eine Agrarwende einzuleiten. (tmg/KNA)
16.8., 13:55 Uhr: Ergänzt um weitere Unterstützer. 20:20 Uhr: Ergänzt um weitere Informationen.