Landesrektorenkonferenz sieht keinen Nutzen in Woelki-Hochschule
Die nordrhein-westfälische Landesrektorenkonferenz verfolgt den Aufbau der von Kardinal Rainer Maria Woelki gegründeten Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) "mit wachsendem Befremden". Der Vorsitzende der Konferenz Lambert Koch sagte am Montag gegenüber dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (KStA), dass ein neues Hochschulangebot normalerweise "mit vielen Beteiligten sorgfältig und mit gehörigem Vorlauf" abgewogen werde. Dabei würden auch Finanzierbarkeit und Kooperationsangebote in den Blick genommen. Bei der KHKT dagegen sei ein einzelnes Bistum aufgetreten, "offensichtlich ohne rechtzeitig vorher in kooperative Gespräche eingetreten zu sein, ohne hinreichende Kosten-Nutzen-Analyse und ohne die Hochschulgründung mit der bundesweiten katholischen Fakultäten- und Institutslandschaft abgestimmt zu haben", so der Rektor der Universität Wuppertal.
Zwar habe der Kölner Erzbischof in der Gründungsphase Ideen an die Landesrektorenkonferenz zur Kooperation bei der Lehrerausbildung herangetragen. "Doch was ist heute der angemessene Rahmen für die Ausbildung von Lehrkräften, die junge Menschen für den Religionsunterricht inmitten einer multikulturellen, weltanschaulich pluralen und säkularen Gesellschaft qualifizieren sollen?", so Koch. Schon aus "wirtschaftlicher Vernunft" müsse man zu dem Schluss kommen, dass ein weiteres Angebot zur Lehrerausbildung für das Fach katholische Religion neben den weiteren Standorten Bonn, Köln und Wuppertal allein auf dem Gebiet des Erzbistums Köln nicht erforderlich sei. Zudem zweifle der Wuppertaler Rektor daran, "dass eine theologische Ausbildung unter den artifiziellen Bedingungen einer rein kirchlichen Einrichtung den Herausforderungen an künftige Religionslehrerinnen und -lehrer" Rechnung tragen könne.
Steyler-Hochschule nur als "institutionelle Fassade" verwendet
Von einem eigenen Hochschulangebot des Erzbistums hätte Koch "wenigstens ein attraktives, ergänzendes Angebot zu den existierenden staatlichen Strukturen" erwartet. Die KHKT ist Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Philosophisch-Theologischen Hochschule in Sankt Augustin bei Bonn. Der missionswissenschaftliche Schwerpunkt der ehemaligen Hochschule der Steyler Missionare sei dabei aber nicht übernommen worden. "Stattdessen hat sich das Erzbistum nur der institutionellen Fassade bedient, das grenzüberschreitend angesehene Profil jedoch fallen gelassen und durch eine neue, bislang gesichtslose Struktur ersetzt", kritisiert der Rektor. Es sei nicht ersichtlich, was die KHKT mit ihren bislang fünf besetzten Lehrstühlen leisten könnte, wozu staatliche Universitäten mit voller Personalausstattung nicht im Stande wären.
Von einer ideologischen Motivation des Kölner Kardinals, ein konservatives Gegenangebot zur Bonner Fakultät zu schaffen, will Koch nicht ausgehen: "Andernfalls begäbe er sich wissenschaftspolitisch auf ein gefährlich glattes Eis." Wenn Woelki sich in Fragen der Qualität von Forschung und Lehre einmischen und theologische Wissenschaft an ideologischen Kriterien messen wollte, "würde er eindeutig die Kompetenzen, die ihm staatskirchen- und verfassungsrechtlich zustehen, überschreiten", betonte Koch. Schon zuvor habe Woelki durch seine Verweigerung der notwendigen kirchlichen Unbedenklichkeitserklärung "Grenzen verletzt, was uns als Universitätsrektoren ebenfalls auf den Plan rufen muss". Der Wuppertaler Rektor spielte damit auf den Fall der Medienberichten zufolge am fehlenden "Nihil obstat" gescheiterten Berufung des Fundamentaltheologen Joachim Negel auf den Dogmatik-Lehrstuhl der Bonner Fakultät an. Das Erzbistum hatte 2018 erklärt, dass Woelki lediglich das zuständige Ministerium auf Fehler im Berufungsverfahren aufmerksam gemacht habe.
Protest von der Bonner Universität
Koch kritisierte zudem, dass die konkordatäre Vereinbarung, Priesterkandidaten an der Bonner Fakultät auszubilden, "offenbar einseitig unterlaufen werden soll". Die Vereinbarkeit einer rein kirchlichen akademischen Ausbildungsstätte mit den Bestimmungen des Preußenkonkordats ist unter Rechtswissenschaftlern umstritten. Während der Bonner Staatskirchenrechtler Christian Hillgruber lediglich eine vollständige Verlagerung an die kirchliche Hochschule als konkordatswidrig betrachtet, sieht der ebenfalls in Bonn lehrende Staatsrechtler Josef Isensee die Priesterausbildung an der KHKT im Widerspruch zu den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Staat und Kirche. Trotz der Finanzierung der KHKT aus kirchlichen Mitteln befürchtete Koch auch Risiken für den Landeshaushalt. Das Land müsse Vorkehrungen treffen, "dass nicht am Ende die öffentliche Hand und damit alle Steuerzahler einspringen müssen, um den Lehrbetrieb einer kirchlichen Hochschule aufrecht zu erhalten, die sich auch um an staatlichen Universitäten eingeschriebene Studierende bemüht". Das Wissenschaftsministerium bestätigte Anfang August ohne Angabe von Details, dass die KHKT "derzeit Gegenstand von Gesprächen" in der Landesregierung sei.
In der vergangenen Woche hatte der Rektor der Universität Bonn, Michael Hoch, seine bereits zuvor geäußerte Kritik an den Hochschulplänen des Erzbistums noch verschärft und zum "Widerstand" dagegen aufgerufen. Schon im Mai hatte Hoch in der Debatte um die Hochschulneugründung und den Ort der Priesterausbildung im Erzbistum Köln der Fakultät "mit großem Nachdruck" seine Unterstützung zugesagt – unabhängig davon, "wie sich die Dinge entwickeln werden". Er hoffe, dass diese Verpflichtung seitens der Universitätsleitung auch von der Erzdiözese als Chance betrachtet würde, Herausforderungen dieser Zeit gemeinsam anzugehen. Auch der Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät, der Moraltheologe Jochen Sautermeister, sieht in der KHKT keine Alternative zu seiner Fakultät. Sautermeister wies darauf hin, dass die Kirche wissenschaftlich wie finanziell davon profitiere, wenn die theologische Ausbildung an staatlichen Hochschulen angesiedelt sei. (fxn)