Bundesrat entscheidet über Verordnung zur Präimplantationsdiagnostik

Letztes Ringen um die PID

Veröffentlicht am 01.02.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Gentechnik

Bonn/Berlin ‐ Das Gesetz zur Präimplantationsdiagnostik (PID) könnte bald in die Tat umgesetzt werden. Nach Informationen der "Berliner Zeitung" haben sich Bundesregierung und Bundesrat auf eine Umsetzung der Rechtsverordnung zu dem Gesetz geeinigt. Am Freitag hat auch die Länderkammer zugestimmt.

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Streit hatte es in den vergangenen Monaten zwischen Bund und Ländern um die von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) vorgelegte Verordnung gegeben. Zwar ist das Gesetz, das die PID (siehe Textbox unten) unter bestimmten Bedingungen erlaubt, seit Dezember 2011 in Kraft. Doch ohne die Verordnung, die die Details regelt, kann es in nicht die Praxis umgesetzt werden.

Bei der PID werden im Rahmen einer Reagenzglas-Befruchtung Eizellen außerhalb des Mutterleibs auf genetische Fehler untersucht und geschädigte Embryonen möglicherweise vernichtet. Das verabschiedete Gesetz besagt, dass Ausnahmen dann erlaubt werden sollen, wenn durch eine genetische Veranlagung der Eltern das Kind mit schweren Erbkrankheiten oder gar tot zur Welt kommen könnte.

Nach Informationen der "Berliner Zeitung" konnten sich die Länder mit ihrer Forderung durchsetzen, die Zahl der Zentren zur Durchführung der PID zu begrenzen. Im Gegenzug bleibt es bei Bahrs Vorschlag, die Zahl der Ethikkommissionen, die PID-Anträge prüfen sollen, nicht zu begrenzen.

Abgeordnete appellieren an Länderkammer

Vor der Entscheidung des Bundesrates hatten Abgeordnete aus allen Fraktionen strengere Regeln für die genetischen Untersuchungen gefordert. In einer am Mittwoch in Berlin veröffentlichten Erklärung appellierten sie an den Bundesrat, die Verordnung entsprechend zu ändern. Zudem fordern die Abgeordneten eine bessere Datenerhebung über die Anwendung der PID.

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Das Leben, sobald es zu wachsen beginnt, richtet einen unbedingten Anspruch an den Menschen: Es so in Empfang zu nehmen, wie Gott es schenkt.

Abgeordnete wie Unions-Fraktions-Vize Johannes Singhammer (CSU) und die ehemalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), sind für eine Begrenzung von PID-Zentren und Ethikkommissionen, um eine unkontrollierte Ausweitung des Verfahrens zu verhindern. Ähnliche Änderungen hatte auch der Deutsche Ethikrat bereits Ende November 2012 in einer Stellungnahme gefordert.

Thema polarisiert

Wie emotional das Thema PID besetzt ist, zeigte sich bereits in der Bundestagsdebatte Anfang Juli 2011, in der das Gesetz beschlossen wurde. Über vier Stunden diskutierten Gegner und Befürworter quer durch die Fraktionen. Am Ende stimmten 326 Abgeordnete für die Erlaubnis der PID unter ganz bestimmten Bedingungen, 260 dagegen.

Kritiker der Zulassung sprachen unter anderem von einer "Ethik des Lebens" und warnten vor einer "Qualitätsüberprüfung menschlichen Lebens". Befürworter wiesen auf die Wissens- und Entscheidungsfreiheit von Frauen in Not hin. Die PID könnte Betroffenen "die Entscheidung für ein Kind erleichtern".

Die katholische Kirche lehnt die PID grundsätzlich ab. In einer Stellungnahme unmittelbar nach dem Bundestagsbeschluss hatte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, sein Bedauern über die Entscheidung ausgedrückt. Man dränge mit "Nachdruck darauf, die im Gesetz erwähnten Ausnahmefälle, in denen die PID nicht rechtswidrig ist, eng zu umgrenzen, um die willkürliche Anwendung und die Gefahr einer immer weiteren Ausdehnung der PID auszuschließen", sagte Zollitsch.

Keine Desginer-Babys

Die katholische Kirche gehe davon aus, dass mit der Vereinigung von menschlicher Ei- und Samenzelle ein neues Leben entstehe. "So sehr wir die Nöte von Eltern verstehen und den Wunsch nach einem gesunden Kind nachvollziehen können; die Selektion von menschlichen Embryonen verstößt gegen das Achtungsgebot der Menschenwürde, die jedem Menschen von Anbeginn zuteil ist", so der Freiburger Erzbischof weiter.

Im Interview mit katholisch.de im Anschluss an die Debatte hatte der Kölner Diözesan-Caritasdirektor Frank Johannes Hensel gesagt, dass es dem Menschen nicht zustehe, "über das Weiterleben von Embryonen nach menschlichem Ermessen zu bestimmen." Zudem hatte er die Befürchtung geäußert, dass die PID in einigen Jahren als "humane Form" der Vorauswahl bei befürchteten Krankheiten beziehungsweise Behinderungen etabliert sein könnte. Die Gefahr, dass es in absehbarer Zeit "Designer-Babys" in Deutschland geben könnte, sah er allerdings nicht.

Von Christoph Meurer

Stichwort: Präimplantationsdiagnostik

Die Präimplantationsdiagnostik (PID) ist eine vorgeburtliche Untersuchungsmethode. Dabei werden im Rahmen der Reagenzglas-Befruchtung, der sogenannten In-vitro-Fertilisation, befruchtete Eizellen außerhalb des Mutterleibs auf genetische Fehler untersucht und geschädigte Embryonen möglicherweise vernichtet. Das erste im Reagenzglas gezeugte Kind, das einer solchen Diagnose unterzogen wurde, kam 1990 in den USA zur Welt. In den Mitgliedstaaten der EU ist die Rechtslage sehr unterschiedlich. In Deutschland galt die PID bis zum Sommer 2010 nach gängiger Rechtsinterpretation als verboten. Anfang Juli 2010 entschied jedoch der Bundesgerichtshof, dass Gentests an Embryonen unter bestimmten Voraussetzungen nicht dem Embryonenschutzgesetz widersprechen und damit nicht verboten sind. Im Sommer 2011 verabschiedete der Bundestag ein Gesetz, das eine begrenzte Zulassung der PID ermöglicht. Danach ist die Methode in Fällen zulässig, "in denen ein oder beide Elternteile die Veranlagung für eine schwerwiegende Erbkrankheit in sich tragen oder mit einer Tot- oder Fehlgeburt zu rechnen ist". (KNA)