Bischöfe lassen Grundtext zu katholischer Sexualmoral scheitern
Paukenschlag beim Synodalen Weg: Das Grundsatzpapier des Reformprozesses für eine Liberalisierung der katholischen Sexuallehre ist an der Sperrminorität der Bischöfe gescheitert. Bei der finalen Abstimmung in Zweiter Lesung votierten am Donnerstag in Frankfurt 82,8 Prozent der anwesenden Delegierten des Reformdialogs für den Text, die ebenfalls notwendige Zweidrittel-Mehrheit der Bischöfe wurde jedoch knapp verfehlt: 61,1 Prozent der anwesenden Bischöfe stimmten dafür, 38,9 Prozent dagegen.
Einige Bischöfe warnten vor Bruch mit kirchlicher Lehre
Vorangegangen war eine lebhafte, teils kontroverse Debatte, in der einige Bischöfe vor einem Bruch mit kirchlichen Lehre und dem christlichen Menschenbild gewarnt hatten. Erstmals hat damit ein Papier des Synodalen Wegs keine Zustimmung gefunden. Die Kopräsidentin des Reformprojekts, Irme Stetter-Karp, hatte zuvor gesagt, es wäre "dramatisch", wenn einer der anstehenden Grundtexte durchfiele.
Nach dem Scheitern kam es im Versammlungssaal zu einer Spontanen Protestkundgebung. Einzelne Synodale zogen aus der Versammlung aus. Synodalpräsident Bätzing sprach von einer "krisenhaften Situation" und nannte die Abstimmung enttäuschend. Zugleich wies er darauf hin, dass die Abstimmung gemäß dem Statut zustande gekommen sei. Er rief die Synodalen auf, zusammenzubleiben und weiterzumachen. Auch ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp zeigte sich tief enttäuscht von dem Ergebnis. Wenn sich dies bei anderen Texten wiederholen würde, stünde man "vor einem Scherbenhaufen". In einer hochemotionalen Aussprache brachten im Anschluss zahlreiche Delegierte ihre Enttäuschung über das Ergebnis zum Ausdruck, darunter eine Reihe Bischöfe.
Grundtext sah Reformbedarf unter anderem bei der Frage der Verhütung
Der 30 Seiten umfassende Grundtext sah Reformbedarf etwa bei der Frage der Verhütung. In der christlichen Ehe müsse nicht bei jedem Geschlechtsverkehr die Offenheit für Nachwuchs "biologisch realisiert" werden. Betont wird, dass sich homosexuelle Partnerschaften sowie wiederverheiratete Geschiedene "unter dem ausdrücklich von der Kirche zugesprochenen Segen Gottes gestellt sehen können". Überdies sei die Anerkennung der Gleichwertigkeit und Legitimität nicht-heterosexueller Orientierungen "dringend geboten". Das Papier erteilt sogenannten Konversionstherapien für Homosexuelle eine deutliche Absage. Ferner setzt es sich mit der Situation nicht-binärer Menschen auseinander.
Überdies formuliert der Text eine Vergebungsbitte: "Alle Menschen, die unter den Auswirkungen kirchlicher Sexuallehre gelitten haben, bitten wir von Herzen um Vergebung." Verbunden damit ist die Selbstverpflichtung, "für eine Veränderung der Lehre und der Praxis der Kirche im Umgang mit menschlicher Sexualität Sorge zu tragen". Der Text sieht an mehreren Stellen eine Neuakzentuierung der katholischen Sexuallehre vor und geht dabei über die bestehenden Lehren der Kirche hinaus. Die Forderung nach einer Sexualmoral, die der Lebenswirklichkeit im 21. Jahrhundert entspricht, war von Anfang an ein Schlüsselthema im Reformprojekt des Synodalen Wegs. (stz/KNA)