Estnischer Metropolit geht auf Distanz zu Moskauer Patriarch Kyrill I.
Auf Druck der estnischen Regierung hat sich der orthodoxe Metropolit des baltischen Landes, Eugeni (Reschetnikow), von Äußerungen des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. zum Krieg in der Ukraine distanziert. Der 65-jährige Bischof erklärte in einem Offenen Brief (Mittwoch) an Innenminister Lauri Läänemets und Justizministerin Lea Danilson-Järg, er teile "die Worte Seiner Heiligkeit Patriarch Kyrill in seiner Predigt vom 25.09.2022 über die Vergebung aller Sünden für Soldaten, die in Ausübung ihrer militärischen Pflicht ums Leben kamen, nicht". Läänemets hatte dies öffentlich von dem Metropoliten gefordert und dem russischen Staatsbürger sonst damit gedroht, die Genehmigung seines Aufenthalts in Estland zu widerrufen.
Der sozialdemokratische Minister begrüßte die Erklärung des Oberhaupts der zum Moskauer Patriarchat gehörenden estnisch-orthodoxen Kirche. "Ich bin sehr glücklich", sagte er in einem Radiointerview. Damit rücke die Kirche von den Worten Kyrills ab, der gesagt habe, "dass Putin heiliger als heilig ist, dass der Krieg in der Ukraine heilig ist". Eine Aufhebung der Aufenthaltsgenehmigung für Eugeni stehe nun nicht mehr auf der Tagesordnung. Das Ziel seines Appells an den Bischof sei gewesen, "dass es in Estland keine Aufstachelung zum Krieg gibt", auch nicht von Religionsgemeinschaften.
Gespräch zwischen Minister und Metropolit
Eugeni und Läänemets wollen nun am Dienstag im Innenministerium miteinander sprechen. In seinem Schreiben betonte der Metropolit auch, dass Geflüchtete aus der Ukraine Gottesdienste seiner Kirche besuchten. Das zeige, dass es dort weder Kriegspropaganda noch Anstiftung zum Hass gebe; denn solche Fälle wären sofort bekannt geworden.
In Estland gibt es zwei orthodoxe Kirchen. Eine untersteht Moskau, die andere Konstantinopel. Bei der letzten Volkszählung 2011 bekannten sich 16 Prozent der 1,3 Millionen Esten zum orthodoxen Christentum. Auf Platz zwei lag die lutherische Kirche mit zehn Prozent. Eugenis Kirche zählt 38 Pfarreien. Auch im Nachbarland Lettland hatte die Regierung kürzlich Maßnahmen gegen den Einfluss der russisch-orthodoxen Kirche unternommen. Per Gesetz wurde die vollständige Unabhängigkeit der lettisch-orthodoxen Kirche vom Patriarchen von Moskau beschlossen. (tmg/KNA)