Hollerich: Kirche der Zukunft wird kleiner, aber lebendiger sein
Für den Luxemburger Kardinal Jean-Claude Hollerich wird Europas Kirche in 20 Jahren kleiner, aber lebendiger sein. Diese zahlenmäßige Verringerung sei "nach Gottes Plan notwendig, um neuen Schwung zu gewinnen", sagte der Präsident der EU-Bischofskommission COMECE der Vatikanzeitung "Osservatore Romano". Die Mehrheit der Europäer werde das Evangelium gar nicht mehr mehr kennen. Und auch das Gleichgewicht zwischen Laien und Klerus werde künftig anders aussehen als heute.
Umso wichtiger ist für den "Generalrelator" der laufenden Weltsynode, das Evangelium, die Mission der Kirche, wieder in den Vordergrund zu rücken. Die Seelsorge derzeit richte sich an Personenkreise, die es so gar nicht mehr gebe. Er glaube, "dass wir heute in Europa an einer Pathologie leiden, die darin besteht, dass wir nicht in der Lage sind, klar zu sehen, was die eigentliche Mission der Kirche ist".
Hollerich kritisiert zu große Beschäftigung mit Strukturen
Es gehe immer um Strukturen, so Hollerich. Das sei auch wichtig, aber nicht hinreichend. Zu oft gehe es zudem vorrangig um die Frage der Macht, etwa derzeit beim Synodalen Weg in Deutschland. Er halte es für "völlig falsch, die innerkirchliche Konfrontation auf die Frage der Macht zu beschränken". Das Taufpriesterrum etwa nehme dem Amtspriestertum nichts weg.
Die Kirche sei berufen, eine gute Nachricht zu verkünden, nicht eine Reihe von Regeln oder Verboten. Die von Konsum geprägte Zivilisation vertreibe aber die Frage des Todes mit dem Mythos von ewiger Jugend. Das Evangelium habe die Antwort der Auferstehung. Das sei die Frohe Botschaft, und dazu sei jeder berufen und "niemand ausgeschlossen"; auch wiederverheiratete Geschiedene und Homosexuelle. "Das Reich Gottes ist kein exklusiver Club. Es öffnet seine Türen für alle, ohne Diskriminierung", so Hollerich.
In der vergangenen Woche hatte Hollerich die kirchlichen Reformen infolge des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) gelobt. Ohne sie "wäre die Kirche heute eine kleine Sekte, die den meisten Menschen unbekannt ist", sagte der Kardinal dem spanischen Magazin "Vida Nueva". "Ohne diese Versammlung wäre sie auf eine Gruppe reduziert worden, die schöne Rituale durchführt, von denen aber niemand etwas weiß." Die ganze Synodalität von Papst Franziskus gehe auf das Zweite Vatikanische Konzil zurück. "Sie ist ein Schatz für die Erneuerung der Kirche. Wir müssen uns diesen Schatz zunutze machen, über den wir nicht genug wissen", so Hollerich. (rom/KNA)