Gerechter Krieg - gerechter Friede
Nach christlicher Lehre müsse der Schaden sicher festgestellt sein, der Eingriff müsse ernsthafte Aussicht auf Erfolg haben und der Waffeneinsatz dürfe nicht mehr Schaden anrichten, als er beseitigen wolle. Schick zufolge sind die zweite und dritte Bedingung nicht erfüllt. Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der Deutschen Kommission "Justitia et Pax" und Trierer Bischof Stephan Ackermann.
Von Augustinus bis zum Zweiten Weltkrieg
Schon seit frühester Zeit hat sich die christliche Theologie mit der Frage eines gerechten Krieges auseinandergesetzt. Die Lehre Jesu ist klar: "Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Söhne Gottes genannt werden", heißt es in der Bergpredigt. Und Jesus fordert sogar: "Wenn dich jemand auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die linke hin." Spätestens mit der "konstantinischen Wende" im vierten Jahrhundert verlor dieser Pazifismus an Gewicht. Auch Christen traten ins römische Heer ein. Doch wie mit den Forderungen Jesu umgehen?
In dieser Situation formulierte der Kirchenvater Augustinus (354-430) Bedingungen, unter denen ein Krieg geführt werden durfte. Seine Lehre vom "gerechten Krieg" galt letztlich bis zum Zweiten Weltkrieg: Gerechtfertigt ist ein Krieg, wenn er den Frieden wiederherstellen und den Gegner nicht vernichten oder berauben soll. Es muss ausreichend Aussicht auf Erfolg bestehen; alle anderen Mittel müssen ausgeschöpft sein. Zudem dürfen die Schäden nicht größer werden als das zu beseitigende Übel. Schon bei Augustinus ist dabei klar, dass auch ein gerechter Krieg ein sittliches Übel bleibt.
Nach den Millionen Toten des Zweiten Weltkriegs aber wurde dieses Konzept zunehmend in Frage gestellt. "Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein", erklärte 1948 der Ökumenische Rat der Kirchen in der Hoffnung auf eine Weltfriedensordnung. Stattdessen aber kamen der Kalte Krieg und die atomare Abschreckung. Nur unter großen Bedenken sagten die evangelische Kirche 1981 und die katholische Kirche 1983 Ja zu diesem Konzept. Der 1993 erschienene Weltkatechismus der katholischen Kirche nahm die Kategorien vom gerechten Krieg zwar auf; diese gelten allerdings nur, wenn ein Volk sich in Notwehr verteidigen muss.
Was tun bei Völkermord?
Das Ende des Kalten Krieges brachte dann aber einen Wandel in der christlichen Friedensethik: In ihrem im Jahr 2000 veröffentlichten Hirtenwort "Gerechter Friede"verabschiedete sich die katholische Bischofskonferenz von der Lehre vom "gerechten Krieg": Der Krieg sei immer ein Unrecht, nur in Ausnahmefällen könne er hingenommen werden, um weit schlimmeres Unrecht zu verhindern. 2007 folgte die evangelische Kirche mit der Denkschrift "Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden". Sie argumentiert, dass "in Grenzsituationen" eine "rechtserhaltende Gewalt" ethisch tragbar ist, wenn sie klare Grenzen und vertretbare Ziele hat sowie international abgestimmt ist.
„Es ist aufgabe der christliche Friedensethik, Prinzipien zu formulieren, um den Einsatz von Gewalt zu prüfen und möglichst abzuwenden.“
Komplizierter ist die Lage allerdings dadurch geworden, dass sich die Art der Konflikte nach dem Ende des Kalten Kriegs verändert hat: Beim Völkermord in Ruanda, bei den Balkankriegen ebenso wie in Libyen oder in Syrien geht es vermehrt um innerstaatliche Gewalt. Unter dem Eindruck von Völkermord und Bürgerkriegen veränderte die UNO ihre Bedingungen für militärische Eingriffe. Seit 2005 gilt die UN-Richtlinie "responsiblity to protect". Demnach besteht ein legitimer Interventionsgrund, wenn Völkermord, ethnische Säuberungen, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit stattfinden.
Und die christliche Friedensethik? Sie hat weiterhin, wie der Direktor des Instituts für Theologie und Frieden Heinz-Gerhard Justenhoven sagt, "Prinzipien zu formulieren, um den Einsatz von Gewalt zu prüfen und möglichst abzuwenden".
Voh Christoph Arens (KNA)