Appell: Bischöfe sollen sich mit Klimaaktivisten solidarisieren
103 katholische Theologinnen und Theologen haben in einem gemeinsamen Aufruf die Bischöfe aufgefordert, sich für eine Wende in der Klimapolitik einzusetzen. Sie müssten ihren Einfluss geltend machen, "dass der fossile Irrweg schnellstmöglich gestoppt" werde, heißt es in einem am Freitag in München veröffentlichten Appell. Zuvor sollten sich die Entscheidungsträger in der Kirche solidarisch mit den Aktivisten zeigen, die sich "gewaltfrei für die Rettung der Schöpfung einsetzen". Sie dürften nicht zulassen, dass diese diskreditiert und bestraft würden. Initiiert worden war der Aufruf von dem Nürnberger Jesuitenpater und Migrationsforscher Jörg Alt (Foto oben, rechts), der Pastoraltheologin Ute Leimgruber sowie dem Theologen und Politikphilosophen Jürgen Manemann.
Ziviler Ungehorsam sei bis in die Gegenwart hinein Bestandteil christlicher Praxis und werde immer wieder neu inspiriert durch die Erinnerung an Propheten und Jesus, heißt es in der Erklärung. Als Beispiel wird etwa das Kirchenasyl genannt. Durch die Klimakatastrophe seien die Lebensumstände von 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen bereits jetzt hochgradig gefährdet, schreiben die Wissenschaftler mit Verweis auf den Bericht des Weltklimarats. Jeden Tag stürben bis zu 150 Tier- und Pflanzenarten aus. Vor allem für den globalen Süden seien die Konsequenzen desaströs.
"Diese sich rasch entwickelnde Notlage fordert uns Theolog*innen zum Handeln heraus." Es könne keine Theologie betrieben werden, die diese Notlage der Erde nicht als ihre zentrale Herausforderung begreife, so die Erklärung. Man stehe in der Pflicht, alles zu tun, um die Erkenntnisse der Klimawissenschaften im öffentlichen Raum bekannt zu machen und sie in das eigenen Handeln und Forschen zu integrieren, so die Theologen.
Alt erneut an Straßenblockade beteiligt
Unterdessen beteiligte sich der Jesuit Alt erneut an einer Straßenblockade für eine andere Klimapolitik. Zusammen mit Aktivisten der sogenannten Scientist Rebellion setzte er sich vor dem Münchner Justizpalast am Karlsplatz. Der Pater sowie ein weiterer Aktivist klebten sich dort fest. Die Aktion in München startete 100 Sekunden vor 12 Uhr und dauerte etwa eineinhalb Stunden. Den Blockierern, darunter auch der Jesuitenpater Joe Übelmesser, wird nun Nötigung und ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz vorgeworfen, wie ein Polizeisprecher am Rande der Aktion erklärte. Für Alt ist es der vierte Gesetzesverstoß. Er hatte sich bereits in Nürnberg am Altstadtring festgeklebt, war ohne Fahrschein Straßenbahn gefahren. Außerdem ermittelt die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth gegen den Jesuiten, nachdem dieser abgelaufene Lebensmittel aus den Müllcontainern von Supermärkten genommen und danach verteilt hatte.
Mit der Aktion übergaben die Aktivisten eine Erklärung an das Justizministerium. In einer Rede kritisierte Alt das harte Vorgehen in Bayern gegen Protestierende. Der Freistaat zeichne sich weniger durch Klimaschutz als durch Härte aus. "Wenn die Welt in Flammen steht, hilft es nicht, den Feueralarm wegzusperren." Er hoffe, dass die Fragen des Klimaschutzes auch auf dem am Freitag beginnenden CSU-Parteitag in Augsburg diskutiert würden. "Es reicht für eine christliche Partei nicht, Kreuze aufzuhängen, Christsein bedeutet in meinen Augen, die Welt mit Gottes Augen zu sehen."
Kritik übte der Jesuit und Migrationsforscher auch an der Flüchtlingspolitik. Es werde durch den Klimawandel immer mehr Migration geben, so Alt. "Alle Menschen müssen verstehen, dass drängende Probleme von Schlagbäumen und Zäunen nicht aufgehalten werden können." Die Blockade selbst rechtfertigte Alt mit dem Notwehr-Paragrafen. (tmg/KNA)
28.10., 15:10 Uhr: Ergänzt um Straßenblockade.