Mann der Tradition und des Dialogs: Kardinal Ranjith wird 75
Seine Biografie kennzeichnet eine umfassende Erfahrung auf kirchlichem und politischem Gebiet. Das machte den in der Regel freundlich, aber entschlossen auftretenden Erzbischof von Colombo schon im vergangenen Konklave zu einem "Papabile". Denn nur wenige kennen wie der am 15. November 1947 geborene Kardinal Albert Malcom Ranjith Patabendige Don die Seelsorge vor Ort in Europa und in Asien, die vatikanische Kurie, den diplomatischen Dienst und die Realität der religiösen Vielfalt in Asien – und damit die Herausforderungen, vor denen die Kirche weltweit steht.
Zuletzt machte er durch seine politischen und diplomatischen Fähigkeiten angesichts von Terror und politischer Instabilität in Sri Lanka auch im Ausland auf sich aufmerksam. Wenig freundlich las er vor Kurzem der politischen Elite seines Landes die Leviten und denunzierte ein "korruptes System" und "Dummheit der Herrscher".
Ein Römer
Ranjith ist durch und durch in Rom geprägt worden. Er studierte an der Päpstlichen Universität Urbaniana und schloss am Päpstlichen Bibelinstitut ab. Papst Paul VI. weihte ihn 1975 in Rom zum Priester. Urlaubsvertretungen führten den polyglotten Kaplan in seinen Ausbildungsjahren auch nach Deutschland. Zurückgekehrt nach Sri Lanka, widmete er sich karitativen Initiativen und baute das Päpstliche Kindermissionswerk wieder auf. Nach vier Jahren als Weihbischof in Colombo wurde er 1995 Bischof von Ratnapura.
Johannes Paul II. berief ihn dann 2001 an die römische Kurie. Zunächst arbeitete Ranjith in der Missionskongregation. 2004 trat er als Quereinsteiger in den diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls und wurde Papstbotschafter in Indonesien und Osttimor. In Indonesien, dem größten muslimisch geprägten Land der Erde, machte er sich für die Rechte der christlichen Minderheit stark.
Benedikt XVI. rief Ranjith 2005 zurück nach Rom. Als Sekretär der Kongregation für den Gottesdienst sollte er die "Reform der Reform" voranbringen – also eine Überarbeitung der Liturgiereform im Geist der Tradition der alten römischen Liturgie. Es war ein Herzensanliegen von Benedikt XVI., das er kurz nach seiner Papstwahl Ranjith anvertraute.
Im Juni 2009 wurde er Erzbischof von Colombo in seiner von Krisen geschüttelten Heimat Sri Lanka. Als Benedikt XVI. ihn Ende 2010 zum Kardinal erhob, wurde er bei seiner Rückkehr aus Rom von Sri Lankas Katholiken begeistert gefeiert. Damals nutzte er ein eigens für ihn gebautes rotes "Kardinalomobil" – einen offenen Wagen mit einem dem alten roten Kardinalshut entlehnten Sonnendeck.
Nach Bombenanschlägen Anwalt der Opfer
Unter den verfeindeten Buddhisten und Hindus in Sri Lanka gilt die katholische Minderheit, zu der etwa 7 Prozent der 20 Millionen Srilanker gehören, als eine ausgleichende Kraft – und das wusste Ranjith als umsichtiger Vermittler und unerschrockener Mahner angesichts der Missstände in politisches Kapital umzumünzen.
Seit 2019 am Ostersonntag verheerende Bombenanschläge auf Kirchen verübt wurden, hat sich der Kardinal als Anwalt der Opfer einen Namen gemacht. Ranjith wirft der Regierung vor, die Ermittlungen zu den Hintermännern der Anschläge zu verschleppen, um eine mögliche Verwicklung von Politikern und Geheimdienstmitarbeitern zu vertuschen. Und er lässt nicht nach, Aufklärung zu fordern.
Nimmt der Papst seinen Rücktritt an?
Auch engagiert sich Ranjith vor dem Hintergrund des jahrzehntelangen Bürgerkriegs in seiner Heimat für einen Dialog der Religionen und für Gewaltlosigkeit - "gemäß unseren religiösen Prinzipien". Und diese grenzt er scharf von Versuchungen der Vermischung der Religionen ab. Die in Asien immer wieder angestrebte Aufnahme ritueller Elemente aus anderen Religionen in den katholischen Gottesdienst lehnt er ebenso strikt ab wie synkretistische Tendenzen in der Theologie, die die Erbsündenlehre oder die Lehre von der Göttlichkeit Christi relativieren.
Soziales Engagement und eine orthodoxe Auffassung der Glaubenslehre sind für Ranjith kein Gegensatz. "Liebe für die Liturgie und Liebe zu den Armen waren der Kompass für mein Leben als Priester", so fasst er rückblickend seine Haltung zusammen. Mit Vollendung seines 75. Lebensjahres muss der Erzbischof nun dem Papst seinen Rücktritt anbieten. Gewöhnlich bleiben Kardinäle aber über dieses Alter hinaus im Amt. Durch die angespannte Lage in seinem Heimatland wird Papst Franziskus trotz anderer kirchenpolitischer Akzentsetzung wohl auch weiter auf seinen Mann in Colombo zählen wollen.