SPD: Staat muss Aufarbeitung von Missbrauch in Kirche übernehmen
Die SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag will bei der Missbrauchsaufarbeitung der Kirche den Staat stärker in die Pflicht nehmen. "Die Verantwortlichen in der Kirche haben es aus eigener Kraft nicht geschafft, die Missbrauchsfälle in ihren Reihen so aufzuklären, wie es aus Sicht der Opfer und der Öffentlichkeit angemessen gewesen wäre", heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Antrag, der der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt. "Deshalb muss der Staat im Sinne seines partnerschaftlichen Verhältnisses zur Kirche diese Verantwortung jetzt übernehmen."
Die SPD-Fraktion fordert von der schwarz-grünen Landesregierung eine Bundesratsinitiative, um eine gesetzliche Grundlage für Aufarbeitungskommissionen sowie einheitliche Aufarbeitungsstandards zu schaffen. Zudem sollen Kirchenakten auch dann eingesehen werden können, wenn die Staatsanwaltschaft wegen Verjährung nicht ermittelt. Der Strafrechtsparagraf zu sexuellem Missbrauch sei ausdrücklich um den Aspekt des Missbrauchs im Seelsorgeverhältnis zu erweitern. Die Landesregierung solle des Weiteren die Stelle eines unabhängigen Beauftragten und eine Wahrheitskommission schaffen sowie eine Dunkelfeldstudie beauftragen.
Vertrauenskrise durch Vorgänge um Benedikt und Woelki
"Insbesondere die Vorgänge um Papst em. Benedikt XVI. und Kardinal Woelki im Erzbistum Köln haben die Kirchen in eine tiefe Vertrauenskrise gestürzt", stellt die SPD-Fraktion fest. Beiden Kirchenmännern wird Vertuschung von Missbrauch vorgeworfen. Die Vorgänge im Erzbistum Köln – der mitgliederstärksten deutschen Diözese – werden am Mittwoch Thema im Rechtsausschuss des Landtags sein. Dann äußert sich die Landesregierung zu den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Kardinal Rainer Maria Woelki.
Dem Erzbischof wird vorgeworfen, er habe in einem presserechtlichen Verfahren gegen die "Bild"-Zeitung eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben. Im Kern geht es um die Frage, wann Woelki von Missbrauchsanschuldigungen gegen den früheren "Sternsinger"-Chef Winfried Pilz erfuhr. Der Kardinal betont, dies sei erst in der vierten Juni-Woche 2022 geschehen. Demgegenüber erklärte eine Kirchenmitarbeiterin in einem Zeitungsinterview, Woelki sei bereits 2015 mit einer von ihr erstellten Liste mit beschuldigten Priestern – darunter Pilz – befasst worden. (KNA)