Himmlischer Beistand: Die Schutzpatrone der 32 Fußball-WM-Teilnehmer
32 Nationen nehmen ab 20. November an der Fußball-WM in Katar teil. Da ist nicht nur der Fußballgott allseits gefragt – auch die jeweiligen Schutzpatrone haben alle Hände und Füße voll zu tun. Das sind die Helfer an der Seitenlinie.
Argentinien: Hellblau und weiß, das sind die Trikotfarben der Franziskus-Nation Argentinien. Und es sind auch die Farben der Virgen de Lujan, des wundertätigen Marienbilds aus dem Jahr 1630. Ob am Abend des 18. Dezember das ganze Land so wie "Unsere Liebe Frau von Lujan" einen Strahlenkranz tragen kann?
Australien: Der einzige ozeanische WM-Teilnehmer setzt auf den Spanier Franz Xaver (1506-1552) als Nationalpatron. Der Gründer der Jesuitenmission wird oft mit flammendem Herzen dargestellt – schon allein das dürfte die Australier für ihn eingenommen haben. Allerdings: Franz Xaver ist auch der Patron für eine gute Sterbestunde. Tendenz: früher Heldentod.
Belgien: Nationalpatron von Flamen und Wallonen ist Josef von Nazareth (vor 20 v. Chr – ca. 20), der Ziehvater Jesu; eine kernige Nummer sechs, die auch eigenwillige Spielvorgaben umsetzt und das Handwerk versteht. Eher defensiv als Stürmer, ermöglicht er durch Standhaftigkeit und Duldsamkeit das Allergrößte.
Brasilien: Braucht die Fußballnation Nummer eins überhaupt eine Schutzpatronin? Wenn ja: Es ist "Nossa Senhora Aparecida", eine wundertätige Marienstatue aus Ton, die einst von Fischern aus dem Wasser gezogen wurde und für einen fetten Fang sorgte. Allerdings: Ihr Auffindungsdatum – 1717 – kann für die "Selecao" auch eine Erinnerung sein an die 1:7-Klatsche gegen Deutschland bei der WM 2014.
Costa Rica: Und wieder Maria: Das kleine Costa Rica verehrt die "Virgen de los Angeles". Die kleine Skulptur der "Jungfrau von den Engeln" wurde 1635 von einem kleinen Mädchen im Wald entdeckt und nach Hause mitgenommen – doch kehrte sie immer wieder an ihren Ursprungsplatz zurück. Das spricht nicht für eine lange Verweildauer in Katar.
Dänemark: Der heilige König Knut IV. (ca. 1043-1086) soll einst angeordnet haben, dass die Weihnachtszeit auf 20 Tage verlängert wird – bis zum Knutstag (13. Januar). Sollte er das EM-Turnier für die Dänen ebenfalls auf 20 Tage verlängern, wäre das ein schöner Erfolg: Viertelfinale! Bei der WM 2018 war eine Runde früher Schluss.
Deutschland: Der Apostel deutscher Tugenden ist ausgerechnet ein Brite. Der heilige Bonifatius (672-754) war als Missionar ganz vorne und trieb den Germanen beim Auswärtsspiel in Fulda schon früh den Mythos von der deutschen Eiche aus. 2014 wurde "die Mannschaft" durch einen Götzen Weltmeister. Seither lief es aber eher so mittel.
Ecuador: Die Jungfrau von Quinche, eine Marienstatue in festlichen Gewändern, ist bei der indigenen Bevölkerung seit Jahrhunderten hoch verehrt und seit der staatlichen Unabhängigkeit Ecuadors vor gut 200 Jahren Beschützerin des Landes. Bei der dritten WM-Teilnahme wird das nötig sein für den 44. der Fifa-Weltrangliste.
England: Die Vize-Europameister von der Insel holten ihren Nationalpatron aus der Türkei – Ablösesumme unbekannt. Der heilige Georg von Kappadokien, ermordet um 303 bei der Christenverfolgung unter Diokletian, ist bekannt als tapferer Ritter und Drachentöter. Erklärt sich so, dass die Elf unter dem Georgskreuz niemals kapituliert – außer beim Elfmeterschießen?
Frankreich: Nach dem verlorenen "EM-Finale dahoam" 2016 griffen die Franzosen wieder an – und wurden mit einem Ex-Soldaten an der Spitze 2018 Weltmeister. Der heilige Martin, Bischof von Tours (316-397) und gebürtiger Ungar, steht für ein multikulturelles Frankreich. Doch er hat einen schwachen Punkt: Er teilt allzu gern mit anderen.
Ghana: Kein Schutzpatron – keine Punkte? Nicht unbedingt. Die Westafrikaner werden auf jeden Fall viel Enthusiasmus mitbringen. Aber: Portugal, Uruguay und Südkorea sind als Gruppengegner schon ein Pfund.
Iran: Der heilige Maruthas (gest. 422) war Bischof von Sophene und Tagrith. Der studierte Arzt wurde vom oströmischen Kaiser an den Hof des persischen Großkönigs gesandt und erwirkte dort eine gewisse Toleranz für die Christen. Zu seinen Hauptwerken gehört eine Geschichte der persischen Märtyrer.
Kanada: Der heilige Jean de Brebeuf (1593-1649) war ein französischer Jesuit, der dem kanadischen Volk der Wyandot (Huronen) das Evangelium verkündete. Sein Vorbild – er starb am Marterpfahl bei einem Irokesen-Überfall – war für Kanadas Fußballer bislang ein schlechtes Omen: Bei ihrer einzigen WM-Teilnahme schieden sie 1986 ohne Punkt- und Torerfolg aus.
Katar: Da Maria auch im Koran erwähnt wird, wählten die wenigen Katholiken der Region 1948 "Unsere liebe Frau von Arabien" als Schutzpatronin. Ob sie auch die muslimischen "al-Anabbi" (Die Weinroten) betreut, immerhin Asienmeister 2019, war bis zum Redaktionsschluss nicht herauszufinden. Entscheidend is' eh aufm Platz...
Japan: Auch die Hochtechnologie-Nation Japan hat den erfahrenen Missionar Franz Xaver (1506-1552) an der Seitenlinie. Der Mitbegründer des Jesuitenordens brachte das Christentum nach Japan; Pierre Littbarski, Lukas Podolski und Andres Iniesta eher westliche Spielkultur.
Kamerun: Wie Ghana hat auch das westafrikanische Kamerun keinen Nationalheiligen. Im Wartestand für die Seligsprechung ist der Caritas-Priester Baba Simon (1906-1975). Doch auch ohne Schutzpatron haben "Die unbezähmbaren Löwen" schon WM-Geschichte geschrieben: 1990 wäre es beinahe das Halbfinale geworden.
Kroatien: Der spätantike Kirchenvater Hieronymus von Stridon (347-420) war hochgebildet, aber wegen seines mittelmeerisch-balkanischen Temperaments permanent rotgefährdet. Theologische Meinungsverschiedenheiten nahm er persönlich – und antwortete auch entsprechend. Sein stetiges Gebet: "Sei mir gnädig, Herr, da ich Dalmatiner bin."
Marokko: Der Afrikameister von 1976 nimmt bereits zum sechsten Mal an einer WM teil – und das ohne Nationalpatron! Das streng muslimische Land zählt nach Abzug der einstigen Kolonialmacht Frankreich heute kaum mehr 25.000 Christen – für die meist Maria die erste Anlaufstation für Gebete ist.
Mexiko: Auch Mexiko hat die Muttergottes als Nationalpatronin. 1531 erschien dem Indigenen Juan Diego Cuauhtlatoatzin viermal die Jungfrau Maria. Das Gnadenbild der "Virgen de Guadalupe" zieht heute derart viele Millionen Pilger an, dass nur eine Rolltreppe den Zustrom bewältigen kann. Der zehnfache Nord- und Zentralamerikameister Mexiko nahm schon 16 mal an der WM teil – doch im Viertelfinale war spätestens Schluss.
Niederlande: Der heilige Willibrord (um 658-739), "Apostel der Friesen" und Gründer von Kloster Echternach, war ein angelsächsischer Missionar aus Nordhumbrien (Northumbria). Ausgangspunkt seiner Friesland-Mission war vermutlich Antwerpen. Die "Elftal" kann einen Schutzheiligen gebrauchen – denn trotz erwiesener internationaler Klasse schaffte sie es zuletzt nicht mehr zu größeren Turnieren. Hup, Willibrord!
Polen: Unser östlicher Nachbar hat vorne Lewandowski – und ist auch keineswegs knapp an Heiligen. Bischof Stanislaus von Krakau (um 1030-1079) war ein besonderer Kämpfer. Für seine Überzeugung widerstand er sogar dem König und Polens Primas – und bezahlte mit seinem Leben. Zudem steht er für Effizienz. Eine alte Bauernregel sagt: "Wenn sich naht Sankt Stanislaus, rollen die Kartoffeln raus."
Portugal: "CR7" heißt noch einmal die Ikone mit gezupften Augenbrauen und Astralkörper. Schutzheiliger des Europameisters von 2016 ist ein demütig gewordener Millionärssohn, Franziskaner und Fastenprediger: Antonius von Padua (1195-1231), Helfer bei Verlusten. Können die Portugiesen mit ihm ihren Status als Fußballmacht behaupten?
Saudi-Arabien: Die öffentliche Ausübung des Christentums ist im Land der Wahhabiten verboten. Fußball wird seit 1957 gespielt. Frauen dürfen seit 2018 Auto fahren.
Schweiz: Muss man sich wundern, dass ein Einsiedler die Schweiz beschützt? Nikolaus von Flüe (1417-1487) war ein Visionär, Bauer, Familienmensch. Doch er war zu Höherem berufen – und so machte er seine Berufung zu seinem zweiten Leben: die Verteidigung des Glaubens. "Bruder Klaus" wurde zum Vorbild des defensiven "Schweizer Riegels", der in den 1930er bis 50er Jahren vor allem auf Konter setzte.
Senegal: Das westafrikanische Land hat einen islamischen Nationalheiligen: Amadu Bamba (1854-1927), Begründer der einflussreichen Bruderschaft der Muridiya. Von den Kolonialherren als Bedrohung exiliert, rankten sich in der Heimat bald zahlreiche Legenden um sein wundersames Überleben. Tendenz: taugt für Überraschungen!
Serbien: Der heilige Sava (um 1174-1236) war ein Rechtslehrer, hohes Tier in der Mönchsrepublik Athos, Erzbischof und Klostergründer. Er verschaffte Serbien seinen Platz in der europäischen Geisteswelt. An den Gruppengegnern Brasilien und Schweiz kam er bei seinen weiten Pilgerfahrten allerdings nicht vorbei. Ein schlechtes Omen?
Spanien: Für die Spanier ist nur er der "wahre Jakob": der heilige Jakobus (gestorben um 44). Seit Papst Johannes Paul II. den Jakobsweg 1980 nach Jahrhunderten der Flaute auf Europas Agenda zurückbrachte, führen wieder alle Wege zum Apostelgrab nach "Sant-Iago". Und mit den Pilgern kamen allmählich auch die Fußballtitel zurück: Weltmeister 2010, Europameister 2008 und 2012.
Südkorea: Von den rund 52 Millionen Südkoreanern ist etwa jeder neunte Katholik. Ihre Heldin ist die Jungfrau von der Unbefleckten Empfängnis. Der Held im Fußballtrikot beim WM-Vierten von 2002 ist bis heute der Ex-Frankfurter Bum-kun Cha. Mannschaftszeichen ist der Tiger, Symbol für Stolz und Status.
Tunesien: Den Kirchenvater Cyprian, Bischof von Karthago (um 200/210-258), drängte es zum Martyrium – nachdem er sich der Christenverfolgung unter Kaiser Decius noch durch Flucht entzogen hatte. Am Ende stürzte er sich umso stärker in den Kampf. Sein Team Tunesien, Afrikameister von 2004, hofft auf den zweiten Sieg in einem WM-Gruppenspiel (nach 1978).
Uruguay: Und noch mal ein Marienbild: Die "Virgen de los Treinta y Tres" (Jungfrau der 33) wurde 1825 in der Stadt Florida von den "33 Orientalen" verehrt, einer revolutionären Gruppe, die die Unabhängigkeit von Brasilien erstritt. Die Madonna trägt eine riesige Goldkrone; vielleicht rührt daher die Vorliebe der Uruguayer für Gelbe Karten.
USA: Über die USA wacht die Schutzpatronin der Aus- und Einwanderer, die Italienerin Franziska Xaviera Cabrini (1850-1917). Als das Land, aktuell Nummer 14 der Fifa-Weltrangliste, seinen größten WM-Erfolg feierte (Halbfinale bei der Debüt-WM 1930), war die Ordensgründerin der "Missionsschwestern vom Heiligsten Herzen" erst wenige Jahre zuvor in Chicago gestorben. Ein Jahrhundert später steht "Soccer" in den USA heute wieder höher im Kurs.
Wales: Der heilige David (um 512-587) war Bischof von Menevia (walisisch "Mynyw", heute St. Davids). Von königlichem Geblüt, wollte er lieber untere Wege gehen. Seine Klosterregel schrieb vor, dass Mönche den Pflug selbst zu ziehen hatten, ohne die Hilfe der Kraft von Tieren. Sie durften nur Wasser, Brot, Salz und Kräuter zu sich nehmen. Kann "Grasfressen" Wales zum WM-Titel führen?