FAQ zum kirchlichen Arbeitsrecht

Streik, Austritt, Transpersonen: Fragen und Antworten zur Grundordnung

Veröffentlicht am 24.11.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Bischöfe haben sich auf eine neue Grundordnung des kirchlichen Dienstes geeinigt. Die lange erwartete Reform will Vielfalt als Bereicherung für katholische Einrichtungen sehen – doch immer noch sind einige Fragen offen.

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Seit Dienstag ist bekannt, wie die Grundordnung des kirchlichen Dienstes aussehen soll. Viele Regelungen zu den Loyalitätspflichten kirchlicher Beschäftigter sind dabei weggefallen, neue Regelungen wurden ergänzt. Vieles ist dabei noch offen und auf Interpretation angewiesen. Katholisch.de hat auf verschiedenen Social-Media-Kanälen Fragen zum neuen kirchlichen Arbeitsrecht gesammelt und gibt Antworten.

Themen

Rechtstexte des kirchlichen Arbeitsrechts liegen mit Schreibzeug auf einem Tisch
Bild: ©fxn/katholisch.de

Das kirchliche Arbeitsrecht verteilt sich auf verschiedene Rechtstexte: Neben der Grundordnung ist vor allem die Mitarbeitervertretungsordnung wichtig.

Grundsätzliche Fragen zum kirchlichen Arbeitsrecht und "Drittem Weg"

Warum gibt es überhaupt ein kirchliches Arbeitsrecht?

Im Grundgesetz wird Religionsgemeinschaften ermöglicht, "ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes" zu ordnen und zu verwalten. Auf dieser Grundlage können sie zum Beispiel im Bereich des Arbeitsrechts eigenes Recht setzen und anwenden, das ihren besonderen Bedürfnissen gerecht wird. Ein Beispiel dafür sind kirchenspezifische Eignungsanforderungen bei der Anstellung von Beschäftigten. Die beiden großen Kirchen in Deutschland haben davon auf dem Gebiet des Arbeitsrechts Gebrauch gemacht. Eine staatliche Pflicht für Religionsgemeinschaften, eigenes Arbeitsrecht anzuwenden, gibt es nicht. Da aber manche Gesetze wie das Betriebsverfassungsgesetz festlegen, dass sie nicht für Religionsgemeinschaften gelten, gäbe es ohne kirchliches Arbeitsrecht Lücken.

In der katholischen Kirche regelt die Grundordnung als "Arbeitsverfassung" den kirchlichen Dienst. Darin werden die Anforderungen an das katholische Profil einer Einrichtung formuliert, Anforderungen an Beschäftigte und deren Rechte – beispielsweise Anspruch auf Fortbildung – sowie den "Dritten Weg" des Arbeitsrechts, bei dem Dienstgeber und Dienstnehmer partnerschaftlich Arbeitsbedingungen aushandeln. Beim Individualarbeitsrecht, also beim Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, gelten größtenteils die staatlichen Gesetze.

Wie sieht es mit dem Streikrecht aus? 

Streik und Aussperrung als Mittel des Arbeitskampfes ist nach kirchlichem Arbeitsrecht auch weiterhin nicht zulässig. In der Grundordnung heißt es dazu: "Interessengegensätze zwischen Dienstgebern und Mitarbeitenden bei der Festlegung kirchlicher Arbeitsvertragsbedingungen sollen durch Verhandlung und wechselseitiges Nachgeben gelöst werden. Streik und Aussperrung widersprechen diesem Grunderfordernis und scheiden daher aus."

Müssen sich unrechtmäßig behandelte Arbeitnehmer bei Verstößen der Kirche als Arbeitgeber weiter an weltliche Arbeitsgerichte wenden? Und akzeptiert dann die Kirche Urteile und Sanktionen? 

Die kirchliche Arbeitsgerichtsbarkeit ist nur für das kollektive Arbeitsrecht zuständig, also Streitigkeiten zwischen Dienstgebern und Dienstnehmervertretern. Auch weiterhin gibt es keine kirchlichen Arbeitsgerichte, die für das Individualrecht zuständig sind, also Streitigkeiten zwischen Beschäftigten und ihren Arbeitgebern. Die Zuständigkeit der staatlichen Arbeitsgerichte ist in der Grundordnung explizit festgehalten (Art. 11 Abs. 1 GO), die Entscheidungen der staatlichen Gerichte haben kirchliche Arbeitgeber bislang schon akzeptiert und umgesetzt und werden das auch weiterhin tun.

Drei Benediktiner beim gemeinsamen Gebet im Freien.
Bild: ©KNA (Symbolbild)

Neu ist, dass die Grundordnung auch für Kleriker und Ordensleute gilt. Ein bischöfliches Gesetz kann aber grundsätzlich keine Regeln aushebeln, die für sie aufgrund des allgemeinen Kirchenrechts gelten.

Anwendungsbereich der Grundordnung

Spielt jetzt das Privatleben von Priestern auch keine Rolle mehr oder gibt es immer noch zweierlei Maß? 

Neu ist, dass die Grundordnung nicht mehr nur für kirchliche Angestellte gilt, sondern auch für Kleriker und Ordensleute. In diesen Ständen gibt es aber universalkirchliche Anforderungen und Bedingungen, an denen ein Diözesanbischof nichts ändern kann, beispielsweise die Zölibatsverpflichtung von Priestern. Daher findet sich in der Grundordnung an verschiedenen Stellen der Satz, dass besondere kirchliche Anforderungen an Kleriker und Ordensangehörige unberührt bleiben, also weiterhin gelten. Beispielsweise wird ein Priester, der eine aus Sicht der Kirche unerlaubte Zivilehe eingeht, anders behandelt als ein Laie, der das tut.

Gilt das auch für's Ehrenamt? 

Neu ist, dass die Grundordnung nicht nur Beschäftigte erfasst, sondern auch manche Ehrenamtliche. Das sind ausschließlich die Ehrenamtlichen, die "Organmitglieder" sind, also beispielsweise dem Vorstand einer katholischen Einrichtung oder eines katholischen Verbands oder einem Kirchenvorstand angehören.

Ein T-Shirt mit Regenbogenfarben bei der vierten Synodalversammlung des Synodalen Wegs im September 2022.
Bild: ©Synodaler Weg / Maximilian von Lachner (Symbolbild)

Vor allem aus der LSBTIQ+-Bewegung gibt es viel Kritik an der neuen Grundordnung: Transgeschlechtlichkeit wird nicht explizit erwähnt – es wird befürchtet, dass für sie weiterhin Rechtsunsicherheit herrscht.

Anforderungen an die Lebensführung

Sind trans Personen immer noch außen vor? Ist sexuelle Identität gleich geschlechtliche Identität? 

Transgeschlechtlichkeit wird weder in der Grundordnung noch in den Bischöflichen Erläuterungen explizit erwähnt. Vor allem eine Regelung der neuen Grundordnung wird von der LSBTIQ-Community ausgesprochen kritisch betrachtet: "Vielfalt in kirchlichen Einrichtungen ist eine Bereicherung. Alle Mitarbeitenden können unabhängig von ihren konkreten Aufgaben, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihres Alters, ihrer Behinderung, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Identität und ihrer Lebensform Repräsentantinnen und Repräsentanten der unbedingten Liebe Gottes und damit einer den Menschen dienenden Kirche sein. Vorausgesetzt werden eine positive Grundhaltung und Offenheit gegenüber der Botschaft des Evangeliums und die Bereitschaft, den christlichen Charakter der Einrichtung zu achten und dazu beizutragen, ihn im eigenen Aufgabenfeld zur Geltung zu bringen." (Art. 3 Abs. 2 GO)

Im zweiten Satz werden die Merkmale aufgezählt, die auch im staatlichen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz genannt sind. Bei der Gesetzgebung wurde unter der Bezeichnung "sexuelle Identität" zwar auch Trans- und Intergeschlechtlichkeit verstanden. Im Zuge der Rechtsentwicklung durch die Auslegung durch die Gerichte, insbesondere durch den Europäischen Gerichtshof, hat sich die Auslegung aber dahingehend verschoben, dass Trans- und Intergeschlechtlichkeit als Aspekt des Merkmals "Geschlecht" gefasst wird, während "sexuelle Identität" enggeführt wird auf sexuelle Orientierung. Da aber das lehramtliche katholische Geschlechterverständnis von einer strikten Zweigeschlechtlichkeit ausgeht, ist fraglich, ob man diese Passage völlig in Analogie zum weltlichen AGG auslegen kann. In diesem Fall wären auch Transmenschen eingeschlossen. Wenn man aber "Geschlecht" wie das Lehramt auslegen muss, dann wären sie gerade nicht geschützt. Der Begriff, der eindeutig auch Trans- und Intergeschlechtlichkeit umfasst, wäre "geschlechtliche Identität".

Im Vergleich zum AGG ist bei der Aufzählung in der Grundordnung noch der Begriff "Lebensform" hinzugekommen, der aber nicht definiert und erläutert wird. Ob damit nur Ehen und Partnerschaften gemeint sind oder auch Ausdrücke geschlechtlicher Identität, muss sich im Zuge der Rechtsanwendung durch Gerichte und Arbeitgeber erst zeigen.

Im kirchlichen Recht gibt es die Besonderheit, dass Gesetzgeber, in diesem Fall also jeder einzelne Diözesanbischof für seine Diözese, ihre Gesetze "authentisch interpretieren" können. Derartige Interpretation haben, wenn sie wie ein Gesetz veröffentlicht werden, dieselbe Rechtskraft wie das Gesetz selbst, auf das sie sich beziehen. Es wäre also denkbar, dass einzelne Bischöfe authentische Interpretationen dieser Passage veröffentlichen und so vor einer gerichtlichen Klärung Rechtsklarheit erzeugen. Bislang sind solche authentischen Interpretationen von diözesanen Gesetzen aber nicht üblich.

Ist es wirklich so, dass eine zweite Ehe bzw. eine gleichgeschlechtliche Ehe keine Kündigungsgründe mehr sind? Oder greift dann, dass es eben nicht privat, sondern öffentlich stattfindet...

Einer der großen Unterschiede zwischen der bisherigen und der neuen Grundordnung ist die vollständige Streichung des Kündigungsgrundes einer kirchenrechtlich nicht anerkannten Zivilehe, also vor allem die Wiederheirat nach Scheidung, wenn die erste Ehe in den Augen der Kirche besteht, oder eine gleichgeschlechtliche Ehe.

Das zusammen mit der Festlegung, dass Menschen unabhängig von ihrer Lebensform "Repräsentantinnen und Repräsentanten [… der] Kirche" sein können, spricht dafür, dass die Grundordnung nun so auszulegen ist, dass Ehe und Partnerschaft auch dann keinen Kündigungsgrund darstellen, wenn sie nach kirchlichen Vorstellungen unzulässig oder unmoralisch sind.

Es stimmt, dass außerdienstliches Verhalten dann als bedeutsam für das Arbeitsverhältnis eingestuft wird, "wenn es öffentlich wahrnehmbar ist, grundlegende Werte der katholischen Kirche verletzt und dadurch deren Glaubwürdigkeit beeinträchtigt wird". Angesichts der eindeutigen lehramtlichen Wertung von sakramentaler Ehe und homosexueller Handlungen könnte dieser Satz so verstanden werden, dass damit Wiederheirat oder gleichgeschlechtliche Ehe doch einen Kündigungsgrund darstellen. Im selben Absatz wird von den doch möglicherweise rechtlich bedeutsamen öffentlich wahrnehmbaren Handlungen aber das Beziehungsleben ausgeschlossen: "Der Kernbereich privater Lebensgestaltung, insbesondere Beziehungsleben und Intimsphäre, bleibt rechtlichen Bewertungen entzogen." (Art. 7 Abs. 2 GO)

Eingang zum Büro für den Kirchenaustritt im Amtsgericht in Bonn
Bild: ©KNA/Harald Oppitz (Symbolbild)

Auch weiterhin gilt: Kirchenaustritt und Beschäftigung in der Kirche vertragen sich nicht.

Warum wird ein Austritt aus der katholischen Kirche immer noch als regelmäßiger Kündigungsgrund gehandelt?

"Wer aus der katholischen Kirche austritt, wendet sich ostentativ von der Kirche als Institution ab und durchtrennt die Verbindung zur Bekenntnisgemeinschaft", heißt es dazu in den Bischöflichen Erläuterungen. Damit verstoße der Mitarbeitende gegen das "Gebot der Mindestidentifikation mit der katholischen Kirche", das unerlässliche Voraussetzung für jede Anstellung im kirchlichen Dienst ist. Ein Kirchenaustritt ist zugleich ein Verstoß gegen die Grundpflicht eines Gläubigen, die Gemeinschaft mit der Kirche zu wahren (can. 209 § 1 CIC). Daher bewerten die deutschen Bischöfe einen Kirchenaustritt als "willentliche und wissentliche Distanzierung von der Kirche und eine schwere Verfehlung gegenüber der kirchlichen Gemeinschaft".

Betrifft das auch Neueinstellungen? 

Die Grundordnung gilt für alle Beschäftigten, die von ihr aufgestellten Anforderungen sind auch eine Voraussetzung für die Anstellung. Daher werden Menschen, die aus der katholischen Kirche ausgetreten sind, nicht eingestellt (Art. 6 Abs. 5 GO), auch wenn sie sich erst nach dem Kirchenaustritt bewerben.

Wer entscheidet, was - über die genannten Beispiele hinaus - mit "kirchenfeindlicher Betätigung" gemeint ist und wird hier Rechtssicherheit hergestellt? Ist das Engagement bei #OutInChurch oder Maria 2.0 etc. als kirchenfeindliches Verhalten einzustufen oder nicht? 

Unter "kirchenfeindlicher Betätigung" versteht die Grundordnung Handlungen, "die öffentlich wahrnehmbar sind und sich gegen die Kirche oder deren Werteordnung richten". Als Beispiele werden das öffentliche Eintreten gegen tragende Grundsätze der katholischen Kirche, die Herabwürdigung von katholischen Glaubensinhalten, Riten oder Gebräuchen und die Propagierung von religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen, die im Widerspruch zu katholischen Glaubensinhalten stehen, während der Arbeitszeit oder im dienstlichen Zusammenhang (Art. 7 Abs. 3 GO).

Insbesondere der erste Punkt ist sehr interpretationsoffen. Erläutert wird er mit den Beispielen "Propagierung" von Abtreibung oder Fremdenhass. Nach dem Selbstverständnis von #OutInChurch und Maria 2.0 handelt es sich bei deren Tätigkeit nicht um kirchenfeindliche Betätigung, sondern im Gegenteil um Handlungen aus Sorge um eine evangeliumsgemäße und menschenfreundliche Kirche, auf die sich auch die Bischöfe beziehen. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass sich Dienstgeber trotz der von manchen Bischöfen ausgesprochenen Wertschätzung für Reformgruppen auf diesen Passus beziehen und derartiges Engagement "kirchenfeindlich" auffassen. In der Vergangenheit wurde beispielsweise für leitende Tätigkeiten in der Schwangerenkonfliktberatungsorganisation "Donum Vitae" mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen gedroht. In den Bischöflichen Erläuterungen wird aber auch festgehalten, dass nicht jede Kirchenkritik gleich kirchenfeindlich ist: "Kirche ist im stetigen Wandel. Dazu gehört es, Lob und Kritik an der Kirche zu äußern und Veränderungen zu fordern."

Bei Streit über Sanktionen wegen kirchenfeindlichem Verhalten müssen staatliche Arbeitsgerichte diese Normen auslegen und dabei auch das kirchliche Selbstverständnis in ihren Entscheidungen bedenken: Grundsätzlich entscheidet die Kirche, letzten Endes also der Bischof oder der Papst, darüber, was kirchenfeindlich ist. "Bei Zweifeln sind die zuständigen kirchlichen Organe zu konsultieren", heißt es in den Bischöflichen Erläuterungen.

Vatikanstadt: Petersdom am Abend, gesehen vom Petersplatz.
Bild: ©picture alliance/Daniel Kalker (Symbolbild)

Wie man die neue Grundordnung in Rom aufgenommen hat, ist noch nicht bekannt. Nur in Ausnahmefällen mischt sich der Vatikan in bischöfliche Gesetzgebung ein – aber wenn der Papst es will, kann er das tun.

Ausblick

Was ist mit der Missio canonica? Kann einem die trotzdem entzogen werden?

Die Missio canonica ist die kirchliche Unterrichtserlaubnis, die Lehrkräfte brauchen, um katholischen Religionsunterricht erteilen zu dürfen. Das gilt sowohl für Lehrkräfte an kirchlichen Schulen wie an staatlichen Schulen. Die Grundordnung gilt nur für die kirchlich beschäftigten Lehrkräfte. Für die Religionslehrkräfte, die nicht bei der Kirche angestellt sind, ändert sich durch eine neue Grundordnung also zunächst einmal nichts.

Die Kriterien für Verleihung und Entzug der Missio canonica werden auf der Ebene der einzelnen Bistümer festgelegt. Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) hat dazu 1973 "Rahmenrichtlinien zur Erteilung der kirchlichen Unterrichtserlaubnisund, der Missio canonica für Lehrkräfte mit der Fakultas 'Katholische Religionslehre'" erlassen, auf deren Grundlage die Diözesanbischöfe möglichst einheitliche Ordnungen erlassen sollen. Diese Rahmenrichtlinien wurden bislang nicht überarbeitet. Mehrere Bistümer – Osnabrück, Limburg und Hildesheim – haben ihre Kriterien für Verleihung und Entzug der Missio aber bereits so angepasst, dass es keine Anforderung mehr an die Lebensform von Lehrkräften gibt, oder beabsichtigen das. Pläne zur Überarbeitung der Rahmen-Missio-Ordnung sind bislang nicht bekannt.

Was denkt Rom von dieser Reform? 

Dazu gibt es noch keine Äußerungen. Es gibt aber universalkirchliche Regeln für bestimmte Beschäftigungsverhältnisse. Für Lehrkräfte an katholischen Schulen legt das Kirchenrecht beispielsweise fest, dass sie sich "durch Rechtgläubigkeit und rechtschaffenen Lebenswandel" auszuzeichnen haben (can. 803 § 2 CIC). Für caritative Einrichtungen legt das Motu Proprio "Dienst der Liebe" (2012) fest, dass ihre Mitarbeitenden "die katholische Identität dieser Werke teilen oder zumindest respektieren" müssen, die im pastoralen caritativen Dienst Tätigen müssen zudem "ein Beispiel christlicher Lebensführung geben". Eventuelle Spannungen zwischen diesen römischen Vorgaben und der Grundordnung wurden bislang noch nicht thematisiert.

Ab wann gilt das neue Arbeitsrecht?

In der Regel treten diözesane Gesetz einen Monat nach ihrer Verkündung im bischöflichen Amtsblatt in Kraft, wenn der Bischof nichts anderes bestimmt. Es ist damit zu rechnen, dass die Inkraftsetzung bald stattfindet. Realistisch ist, dass die neue Grundordnung in den meisten Bistümern im ersten Quartal 2023 wirksam wird.

Werden alle deutschen Bischöfe die Grundordnung umsetzen? 

Das ist so vorgesehen. Ein Beschluss auf Ebene der Deutschen Bischofskonferenz über Arbeitsrecht ist aber nur eine Empfehlung eines Musters für die bischöfliche Gesetzgebung, der jeweilige Diözesanbischof entscheidet frei. Bei der letzten Reform der Grundordnung 2015 haben die Bischöfe von Eichstätt, Passau und Regensburg die Ordnung zunächst nicht in Kraft gesetzt, haben aber nach etwa einem halben Jahr doch noch nachgezogen. Bislang ist von keinem Bischof bekannt, dass er die Grundordnung nicht in Kraft setzen will, auch in den bayerischen Bistümern haben alle Bischöfe eine Inkraftsetzung angekündigt. Lediglich in Paderborn und Bamberg, deren Bischofsstühle gerade vakant sind und die von einem Diözesanadministrator geleitet werden, ist eine Verzögerung zu erwarten: Die Diözesanadministratoren dürfen keine weitreichenden Änderungen vornehmen, die neue Grundordnung wird dann voraussichtlich vom neuen Diözesanbischof in Kraft gesetzt.

Auch wenn sicher nicht alle Bischöfe in gleichem Maß von der Reform begeistert sind, haben alle ein Interesse an einem einheitlichen kirchlichen Arbeitsrecht, wie auch der Passauer Bischof Stephan Oster betonte. Würde die Kirche unterschiedliche Standards in unterschiedlichen Diözesen anlegen, könnte das für die staatlichen Gerichte ein Anlass sein, das kirchliche Arbeitsrecht noch stärker zu hinterfragen, als wenn die katholische Kirche als ganzes dahinter steht, was kirchliche Anforderungen im Arbeitsverhältnis sind.

Von Felix Neumann

Im Volltext: Grundordnung und Bischöfliche Erläuterungen

Die Grundordnung des kirchlichen Dienstes und die Bischöflichen Erläuterungen, die das kirchliche Arbeitsrecht theologisch grundlegen und Hinweise zu seiner Anwendung geben, sind bereits im Volltext in der am Dienstag beschlossenen Fassung online: