Justizminister für neue Missbrauchs-Stelle – Kirche soll zahlen
Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) befürwortet die Einrichtung einer unabhängigen Beratungsstelle für Opfer von Missbrauch im kirchlichen Bereich. Das sagte Eisenreich am Donnerstag in München bei einer Sitzung des Rechtsausschusses des Bayerischen Landtags. "Durch eine unabhängige Beratungsstelle sollen die Betroffenen besser (persönlich, psychologisch und rechtlich) begleitet und unterstützt werden", erklärte Eisenreichs Ministerium auf Nachfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Eine neue Beratungsstelle solle durch Kirchenmittel finanziert werden. Eisenreich rief Missbrauchsbetroffene dazu auf, Anzeige zu erstatten. Erst dadurch werde eine Strafverfolgung möglich.
Für die FDP-Landtagsfraktion begrüßte der kirchenpolitische Sprecher Matthias Fischbach Eisenreichs Ruf nach einer neuen Beratungsstelle "Es ist entscheidend, die Opfer auch unabhängig zu beraten und zu unterstützen. So eine wichtige Aufgabe darf nicht allein im Zugriffsbereich der Kirche angesiedelt werden. Deren Vertreter und Strukturen waren ja an den Taten und deren Vertuschung nicht unwesentlich beteiligt." Für viele Opfer sei daher die Hürde zu hoch, sich bei einem kirchlichen Hilfsangebot zu melden. Fischbach ergänzte, der Staat solle sich auch mit eigenen Mitteln an der Aufklärung beteiligen. Er solle ferner transparent offenlegen, welches Wissen öffentliche Stellen über die Staatsanwaltschaften hinaus zu den kirchlichen Missbrauchsfällen gehabt hätten. "Wir müssen die Rolle der staatlichen Stellen weiter untersuchen."
Zuletzt Rufe nach staatlicher Aufarbeitung lauter geworden
In Bayern waren die Rufe nach einer staatlichen Aufarbeitung des Missbrauchs in der Kirche zuletzt lauter geworden. So hat Andreas Perr, der nach eigenen Angaben als Junge von einem Priester in Garching an der Alz missbraucht wurde, in dieser Sache eine Online-Petition gestartet. Es brauche eine Aufklärung solcher Fälle durch den Staat, zitierte die zuständige Internetplattform innn.it Perr am Mittwoch in einer Pressemitteilung. "Herr Bundesjustizminister Buschmann darf nicht weiter die Augen verschließen vor dem Missbrauch, der in der katholischen Kirche tagtäglich, auch heute, Kindern geschieht!", so Perr weiter. Auch der Sprecher des Betroffenenbeirats der Erzdiözese München und Freising, Richard Kick, sprach sich für mehr Einsatz des Staates aus. In der Regel arbeite die Kirche Missbrauch selbst nicht proaktiv auf.
Zudem bekräftigten die Grünen im Bayerischen Landtag, die Aufarbeitung von Missbrauch im kirchlichen Raum gehöre in staatliche Hände. Nur so gebe es echte Unabhängigkeit. Unter anderem verlangen die Politiker eine Ombudsstelle, die Opfer und deren Angehörige kostenfrei und anonym mit psychologischer und juristischer Beratung unterstützt. Die Grünen hatten bereits im Frühjahr einen Antrag dazu im Landtag gestellt, dafür aber keine Mehrheit gefunden. Bei der aktuellen Sitzung des Rechtsausschusses pochten die Grünen überdies erneut auf eine Aufarbeitung der – in ihren Augen mangelhaften – bisherigen staatlichen Aktivitäten zum Missbrauch in der Kirche. (KNA)