Kirchenaustritte im Kölner Raum seien deutlich höher als anderswo

Landesbischof: Kardinal Woelki sollte Konsequenzen ziehen

Veröffentlicht am 23.12.2022 um 09:29 Uhr – Lesedauer: 

Frankfurt ‐ "Hier wird das Vertrauen in beide Kirchen zerstört", sagt Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl. Ihm stehe es zwar nicht zu, Kardinal Woelki etwas vorzuschreiben. "Aber wenn man derartig Vertrauen verloren hat, sollte man die Konsequenzen ziehen."

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Aus Sicht des evangelischen württembergischen Landesbischofs Ernst-Wilhelm Gohl hat die Vertrauenskrise im Erzbistum Köln auch Auswirkungen auf seine Kirche. "Wir werden ganz eindeutig in Mithaftung genommen", sagte Gohl am Freitag im Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Die Austrittszahlen der evangelischen Kirche im Kölner Raum seien deutlich höher als anderswo; das habe "eindeutig mit den Zuständen im dortigen Erzbistum zu tun".

Die katholische Kirche in Deutschland müsse sich Gedanken machen, wie sie mit dem Kölner Erzbischof, Kardinal Rainer Maria Woelki, verfahren wolle, so Gohl weiter. "Hier wird das Vertrauen in beide Kirchen zerstört." Ihm persönlich stehe es zwar nicht zu, Woelki etwas vorzuschreiben. "Aber wenn man derartig Vertrauen verloren hat, sollte man die Konsequenzen ziehen, um weiteren Vertrauensverlust der Kirche zu verhindern", erklärte der Landesbischof.

Ähnlich wie Gohl hatte sich Anfang der Woche bereits der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, geäußert. Latzel sagte der "Rheinischen Post" mit Blick auf die Situation in Köln, die Kirche benötige "wieder Vertrauen der Menschen in unsere Institutionen und die handelnden Personen". Es sei aber nicht Aufgabe der evangelischen Kirche, die Fragen der katholischen Seite zu lösen. Zudem verteidigte er die Entscheidung, in diesem Jahr keinen gemeinsamen Adventsgottesdienst mit dem Erzbistum Köln auszurichten. Er wäre "nicht mehr als Gottesdienst wahrgenommen, sondern von der politischen Wahrnehmung von außen überlagert worden".

Gohl will sich nicht an Tempolimit halten

Weiter betonte Gohl, dass er das Tempolimit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) von 100 Kilometern in der Stunde auf Autobahnen für falsch halte. "Diese Selbstverpflichtung war nicht sinnvoll", sagte der Landesbischof. Solche Vorschriften seien auch nicht die Aufgabe der Kirche, erklärte er mit Blick auf den Beschluss der jüngsten EKD-Synode, der für Kirchenmitarbeiter auf dienstlichen Fahrten gelten soll. Auf die Frage, ob er sich selbst an Tempo 100 hält, antwortete Gohl: "Nein." Die Synode hatte bei ihrer Tagung Anfang November ein freiwilliges Tempolimit als Beitrag zum Klimaschutz beschlossen. "Die Kirche darf nicht in erster Linie als Moralinstitution wahrgenommen werden, die bevormundet. Da reagieren die Menschen zunehmend allergisch", unterstrich der Landesbischof.

Der Theologe äußerte sich auch zu den jüngsten Aktionen von Klimaaktivisten. "In der Demokratie geht es darum, Menschen für eine Position zu gewinnen. Ich glaube nicht, dass man viele Menschen damit gewinnt, wenn man Kartoffelsuppe auf ein Kunstwerk schüttet", sagte Gohl. Der Landesbischof wandte sich zugleich gegen überzogene Kritik auf der anderen Seite: "Es ist völlig abwegig, von einer Klima-RAF zu sprechen. Klimaaktivisten benutzen Kartoffelsuppe für ihre Aktionen, sie kleben sich auf dem Asphalt fest, aber sie morden nicht." (tmg/KNA/epd)