Argentinien: Skandal-Kloster in der Kritik – Ordensfrau festgehalten
Das Kloster der Unbeschuhten Karmelitinnen in der argentinischen Stadt Salta steht in der Kritik, weil die Priorin eine Ordensschwester gegen ihren Willen in dem Konvent festgehalten haben soll. Eine Familienangehörige der Ordensfrau zeigte die Leitung des Karmels San Bernardo deshalb bei der Staatsanwaltschaft an, berichtete die argentinische Zeitung "La Nación" am Dienstag. Demnach habe die Karmelitin das Kloster verlassen wollen, weil sie von einigen Mitschwestern herabwürdigend behandelt worden sei. Unter anderem hätten die Ordensfrauen die Betroffene bewusst ignoriert und ihr einige Male das Essen verweigert. Inzwischen konnte die Ordensschwester den Karmel mit Hilfe der Polizei verlassen.
Die Ordensfrau habe als Grund für ihren Wunsch zum Verlassen des Klosters einen physischen und spirituellen Schaden für ihre Gesundheit genannt, so die Familienangehörige der Betroffenen laut Zeitungsbericht. Während der acht Jahre dauernden Zugehörigkeit zum Karmel sei die 42-jährige Ordensschwester schlecht behandelt worden. Als sie das Kloster verlassen wollte, habe man sie dazu gedrängt, ihr Anliegen telefonisch dem zuständigen Ortsbischof vorzutragen. Bei einem zweiten Telefonat mit Erzbischof Mario Antonio Cargnello sei sie dazu gebracht worden, das Gesuch zum Verlassen des Klosterns als "Laune" zu bezeichnen und zurückzuziehen. Zudem hätten die Ordensfrauen versucht, die Betroffene durch einen Anwalt "einzuschüchtern". Sie habe ihre Angehörige gebeten, keine Anzeige gegen die Leitung des Karmels einzureichen, da die Schwestern ihr "großen Schaden zufügen" könnten. Erzbischof Cargnello kündigte an, Papst Franziskus um eine Untersuchung der Vorfälle durch den Vatikan bitten zu wollen.
Hintergrund ist Konflikt um angebliche Marienerscheinungen
Bereits im April hatte das Kloster Schlagzeilen gemacht, weil die Priorin den Erzbischof und einen weiteren Oberhirten wegen gewalttätiger Handlungen bei der Polizei angezeigt hatte. Cargnello soll die Karmelitinnen in einem Gespräch als "Dämoninnen und Verräterinnen" bezeichnet haben, was diese mit einem Handy aufnahmen. In einem anschließenden Handgemenge versuchte der Erzbischof in den Besitz des Telefons zu kommen, um die Aufnahme zu löschen. Bereits seit einigen Jahren ist das Verhältnis zwischen dem Ortsbischof und den Ordensschwestern derart problematisch, dass der Vatikan im vergangenen Jahr eine Visitation des Klosters anordnete.
Hintergrund der Auseinandersetzungen ist unter anderem die Unterstützung der Ordensschwestern für die selbsternannte Seherin María Livia Galliano sein. Die Ordensschwester, die den Karmel nun verlassen konnte, gab an, dass die Seherin regelmäßig im Kloster zu Gast sei. Galliano behauptet, seit 1990 Visionen der Gottesmutter Maria zu empfangen. In den vergangenen Jahrzehnten entwickelte sich in Salta eine inzwischen in der Volksfrömmigkeit verankerte Verehrung der "Virgen del Cerro" ("Jungfrau vom Berg"). Die Kirche erkennt die angeblichen Marienerscheinungen offiziell nicht an und kritisiert die Rolle Gallianos. Erzbischof Cargnello steht ihren Visionen ablehnend gegenüber, ebenso wie Papst Franziskus, der aus Argentinien stammt und den Kult um die "Virgen del Cerro" kennt. (rom)