Kardinal Pell in posthumem Aufsatz: Synodalität ist giftiger Albtraum
Der am Dienstag verstorbene Kardinal Georg Pell hat kurz vor seinem Tod scharfe Kritik an der Weltsynode zur Synodalität geäußert. "Die katholische Bischofssynode ist damit beschäftigt, das zu konstruieren, was sie als ’Gottes Traum' der Synodalität bezeichnen. Leider hat sich dieser göttliche Traum trotz der erklärten guten Absichten der Bischöfe zu einem giftigen Alptraum entwickelt", schrieb Pell in einem am Mittwoch posthum veröffentlichten Aufsatz in der britischen Wochenzeitschrift "The Spectator". Bei dem Arbeitsdokument der Bischofssynode handle es sich um "eines der unzusammenhängendsten Dokumente, die jemals aus Rom verschickt wurden." Insgesamt sehe er darin einen "Angriff auf die traditionelle Moral und die Einführung des neomarxistischen Jargons" in der Kirche.
Das Arbeitsdokument der Bischofssynode sei eine "Ausgießung des guten Willens des New Ages". Pell kritisiert, dass es sich bei dem Dokument nicht um eine eindeutige Positionierung Roms zu Fragen der Lehre handle, sondern die Pluralität der weltkirchlichen Ansichten zu Fragen von "Abtreibung, Empfängnisverhütung, Priesterweihe von Frauen und homosexuellen Aktivitäten" darstelle. Dies gelte auch für Polygamie, Scheidung und Wiederverheiratung.
Das Dokument "ist unvollständig, steht der apostolischen Tradition in bedeutender Weise feindlich gegenüber und erkennt das Neue Testament nirgendwo als das Wort Gottes an, das für alle Glaubens- und Morallehren maßgebend ist." Das Alte Testament werde ignoriert, das Patriarchat abgelehnt und das mosaische Gesetz einschließlich der Zehn Gebote nicht anerkannt.
Scharfe Kritik an Papst und Kardinal Hollerich
Dieser Kritik schließt Pell eine Kritik seiner Bischofs- und Kardinalskollegen an. Der Generalrelator der Bischofssynode, Kardinal Jean-Claude Hollerich, habe grundlegende Lehren der Kirche zur Sexualität abgelehnt, da sie der modernen Wissenschaft widersprächen. "In normalen Zeiten hätte dies bedeutet, dass seine Weiterführung als Berichterstatter unangemessen, ja unmöglich gewesen wäre", kritisiert Pell. Nun müssen die Bischöfe entscheiden, "ob grundlegende Lehren zu Priestertum und Moral in einer pluralistischen Schwebe geparkt werden können", in der einige Sünden umdefiniert werden können. In einigen Pfarreien und Orden gebe es einen "De-facto-Pluralismus, der Dinge wie die Segnung homosexueller Aktivitäten betrifft."
Grundsätzlich kritisiert Pell die von Papst Franziskus immer wieder betonten Entscheidungswege der Synodalität. "Keiner der Synodalteilnehmer, Laien, Ordensleute, Priester oder Bischöfe, ist mit der Synodalregel gut gestellt, dass keine Stimmabgabe erlaubt ist und keine Vorschläge gemacht werden können." Nur die Ansichten des Organisationskomitees an den Papst weiterzuleiten, damit er damit tun könne, was er will, sei ein Missbrauch der Synodalität. Dabei handle es sich um eine Abgrenzung der Bischöfe, die weder durch die Schrift noch durch die Tradition gerechtfertigt sei. "Es ist kein ordentliches Verfahren und anfällig für Manipulationen."
Papst: Pell war treuer Diener
Papst Franziskus hat den am Dienstagabend gestorbenen Kardinal George Pell gewürdigt. In einem am Mittwoch veröffentlichten Telegramm des Papstes heißt es, er erinnere sich voller Dankbarkeit an Pells Einsatz für die Reform des vatikanischen Wirtschaftssektors, für die er "mit Entschlossenheit und Weisheit die Grundlagen geschaffen" habe. Offenbar mit Blick auf Pells australische Monate im Gefängnis nach seiner später aufgehobenen Verurteilung schrieb Franziskus, Pell sei "ein treuer Diener" gewesen. Er sei "seinem Herrn ohne zu wanken und mit Ausdauer gefolgt, auch in der Stunde der Prüfung". (ben)