"Konnten die Anti-Ratzinger nicht auf Benedikts Tod warten?"

Zen: Einschränkung der Alten Messe Respektlosigkeit gegenüber Benedikt

Veröffentlicht am 18.01.2023 um 14:04 Uhr – Lesedauer: 

Mailand ‐ Ein Besuch bei Papst Franziskus konnte Kardinal Zen nicht milde stimmen: An seiner Kritik an der Einschränkung der vorkonziliaren Liturgie hält er fest. Die Entscheidung des Papstes sei tendenziös – und eine Respektlosigkeit gegenüber Benedikt XVI.

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Der Hongkonger Kardinal Joseph Zen Ze-kiun teilt das Bedauern des verstorbenen Papstes Benedikt XVI. über die Einschränkung der vorkonziliaren Liturgie durch Papst Franziskus. In einem Interview mit der italienischen Zeitung "Il Giornale" (Dienstag) sagte der emeritierte Bischof, dass die "tendenziösen Verallgemeinerungen" im Motu proprio "Traditionis custodes" vielen Menschen das Herz gebrochen hätten. In seinem Buch über sein Leben an der Seite von Benedikt XVI. hatte dessen ehemaliger Privatsekretär Georg Gänswein zuvor geschrieben, dass der Emeritus den Erlass seines Nachfolgers "mit Schmerz im Herzen" gelesen habe. "Konnten die Anti-Ratzinger des Vatikans nicht geduldig warten, bis die tridentinische Messe mit dem Tod von Benedikt XVI. stirbt, anstatt ihn auf diese Weise zu demütigen?", fragte Zen nun.

Sowohl das Motu proprio, mit dem Franziskus die von Benedikt erleichterte Feier der vorkonziliaren Liturgie deutlich eingeschränkt hatte, als auch der Begleitbrief an die Bischöfe vermischen in den Augen Zens den Wunsch, die Messe in ihrer älteren Form zu feiern mit einer Ablehnung der gegenwärtigen Form der Liturgie. Der Kardinal beklagt außerdem die Tendenz, die Ablehnung der Liturgiereform mit einer "totalen und tiefgreifenden" Ablehnung des Zweiten Vatikanischen Konzils zu verbinden. In seinem Erlass betonte Papst Franziskus, dass die Bischöfe sicherstellen müssen, dass die Anhänger der vorkonziliaren Liturgie "nicht die Gültigkeit und die Legitimität der Liturgiereform, der Bestimmungen des Zweiten Vatikanischen Konzils und des Lehramtes der Päpste ausschließen".

Spannungen zwischen Franziskus und Zen

Zen zeigte sich in dem Interview sehr besorgt über die Bischofssynode zur Synodalität und hoffte auf eine Kursänderung von Papst Franziskus: "Ich befürchte, dass die Synode denselben Fehler wie die niederländische Kirche vor 50 Jahren wiederholen wird, als die Bischöfe nachgaben und akzeptierten, dass die Gläubigen die Kirche leiten; seither schrumpfte die Zahl der Gläubigen. Beten wir, dass unser Papst mehr Weisheit besitzt".

Schon zuvor hatte Zen sich kritisch zur Einschränkung der vorkonziliaren Liturgie geäußert und bezweifelt, dass sie für Spaltungen sorge. Der Kardinal, der von 2002 bis 2009 Bischof von Hongkong war, gehört zu den deutlichsten Kritikern von Papst Franziskus im Kardinalskollegium, auch wegen der China-Politik des Heiligen Stuhls. Das Abkommen zwischen der Volksrepublik und dem Vatikan bezeichnete er als "unglaublichen Verrat". Aufgrund seines Einsatzes für die Demokratiebewegung in Hongkong wurde Zen im vergangenen Jahr mit fünf weiteren Menschenrechtsaktivisten zu einer Geldstrafe verurteilt. Zen hat im Dezember Berufung gegen das Urteil eingelegt. Ein örtliches Gericht ermöglichte ihm Anfang Januar, an der Beerdigung von Benedikt XVI. teilzunehmen. Anlässlich seines jüngsten Rombesuchs wurde er auch von Papst Franziskus empfangen, nachdem er bei seinem letzten Besuch erfolglos um eine Audienz gebeten hatte. Zen gehörte zu den Unterzeichnern eines verschwörungsmythischen Aufrufs von Erzbischof Carlo Maria Viganò während der Corona-Pandemie. (fxn)