"Es reicht!": Papst mahnt im Kongo zu Versöhnung
Friedensappell vor vielen hunderttausend Menschen: In Kongos Hauptstadt Kinshasa hat Papst Franziskus in einer großen Messe zu Frieden in dem von Konflikten zermürbten Land aufgerufen. Er forderte die Kongolesen am Mittwoch auf "zusammenzuarbeiten, um den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen" und den Hass zu überwinden.
Bei einem Treffen mit Opfern von Gräueltaten aus dem Osten des Landes schilderten ihm überlebende Frauen, wie sie als Gefangene von Milizionären über Monate vergewaltigt wurden und das Fleisch getöteter Männer zum Essen vorgesetzt bekamen. Andere zeigten ihre verstümmelten Gliedmaßen.
"Bringt die Waffen zum Schweigen!"
Der 86-Jährige reagierte erschüttert. Im Namen Gottes verurteilte er Gewalt, Massaker und Vergewaltigungen, "die blutige, illegale Ausbeutung" der Bodenschätze aus "unersättlicher Gier nach Rohstoffen und Geld" und die Kämpfe um territorialen Einfluss. Von den Tätern verlangte Franziskus: "Bringt die Waffen zum Schweigen, bereitet dem Krieg ein Ende. Es reicht!"
Der Papst hatte ursprünglich einen Besuch in der Konfliktregion Nord-Kivu geplant; die Etappe musste aus Sicherheitsgründen gestrichen werden. Örtlichen Medienberichten zufolge gingen die Kämpfe im Osten auch während des Papstbesuchs ungehindert weiter. In Nord-Kivu kämpfte die Armee gegen Rebellen der Gruppe M23; im nördlicher gelegenen Ituri forderten Angriffe der islamistischen ADF mindestens elf Todesopfer.
An dem Gottesdienst am Morgen auf einem 50 Hektar großen Flugplatzgelände nahmen auch Staatspräsident Felix Tshisekedi, Oppositionspolitiker und ranghohe Militärs teil. Die Messe war die Hauptveranstaltung während des viertägigen Aufenthalts des Papstes.
Fragiler Frieden und Kirchen als Mittler: Franziskus im Herzen Afrikas
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben; daran hält sich Papst Franziskus bei seiner seit Jahren geplanten Reise in den Kongo und Südsudan. Nun wird das Vorhaben umgesetzt – auch für Frieden in beiden Ländern. Dafür kommt der Pontifex nicht allein.
Im Beisein der Eliten des Landes warnte der Papst vor den "Fallen von Macht und Geld" und den "Verlockungen des Karrierismus", die die Gemeinschaft zersetzten". Sie müssten "Mut haben, die Armen anzusehen" und sie als Mitglieder der Gemeinschaft anzunehmen. In dem an Mineralien reichen Land leben nach Angaben der Weltbank mehr als ein Drittel der Menschen von weniger als zwei Euro am Tag; Transparency International listet den Kongo in puncto Korruption auf Rang 166 von 180.
Franziskus feierte den Gottesdienst nach dem Zaire-Ritus, der traditionelle afrikanische Elemente wie Tanz und Prozessionen in die Liturgie einbindet. Anstelle des Papstes, der durch ein Knieleiden in der Beweglichkeit eingeschränkt ist, zelebrierte Kinshasas Kardinal Fridolin Ambongo Besungu die Eucharistiefeier.
Medien begeistert
Kongolesische Medien zeigten sich nach dem Ankunftstag des Papstes begeistert über dessen Rede vor Präsident Tshisekedi und dem Diplomatischen Korps. Franziskus habe eine "klare Botschaft an Imperialisten" gesendet, als er die Ausbeutung von Kongos Bodenschätzen anprangerte, so die Zeitung "Le Potentiel". Seine "starken Worte" würden "noch lange in den Köpfen von Kongos Gegnern und den Kongolesen selbst nachhallen".
Unterdessen äußerte die UN-Friedensmission UNMISS im Südsudan zwei Tage vor der Ankunft des Papstes "ernsthafte Sorge" über möglicherweise bevorstehende Kämpfe. Im nördlichen Bundesstaat Upper Nile kam es in den vergangenen Tagen Berichten zufolge zu einer Mobilisierung von Milizen. Es gelte nun, jeglichen Vorstoß zu verhindern, der Zivilisten oder humanitäre Einsätze bedrohe, so die Blauhelmmission am Mittwoch.
Am Freitag wird Papst Franziskus in der südsudanesischen Hauptstadt Juba erwartet. Sie liegt etwa 500 Kilometer von Upper Nile entfernt. Begleitet wird der Papst bei der bis Sonntag dauernden Reise vom Oberhaupt der anglikanischen Weltgemeinschaft, Erzbischof Justin Welby, und dem Moderator der Generalversammlung der presbyterianischen Kirche von Schottland, Iain Greenshields. Angesichts des "historischen Besuchs" rief UNMISS alle Beteiligten in Upper Nile zu "Zurückhaltung" auf. Gemeinde- und politische Führer sollten den Dialog suchen. "Große Sorge" äußerten am Dienstag auch die Botschaften der USA, Norwegens und Großbritanniens in Juba. (KNA)