Papst verortet Dispensgewalt ausschließlich beim Apostolischen Stuhl

Liturgiker: Restriktionen bei Alter Messe "pluralitätsfeindlich"

Veröffentlicht am 24.02.2023 um 11:46 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Mit seinem neuesten Dekret hat Papst Franziskus die Feier der vorkonziliaren Liturgie weiter eingeschränkt. Der Liturgiewissenschaftler Andreas Odenthal sieht die Restriktionen kritisch – und plädiert für mehr Vielfalt bei den Gottesdienstformen.

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Der Bonner Liturgiewissenschaftler Andreas Odenthal hat die Entscheidungen von Papst Franziskus zur Einschränkung der Feier der vorkonziliaren Liturgie als "pluralitätsfeindlich" kritisiert. "Dahinter steht augenscheinlich die Fiktion der Einheit, nun in Fragen der Liturgie", sagte Odenthal am Donnerstag in einem Interview mit dem Kölner "Domradio". Daneben gehe es auch um das Thema Macht: "Mir ist nicht klar, wie die Entscheidungen des Papstes mit ihrem Eingriff in die Befugnisse der Bischöfe mit seinen Bemühungen um eine synodale Kirche zusammengehen."

Papst Franziskus hatte am Dienstag per Dekret festhalten lassen, dass hinsichtlich der Umsetzung der Regelung seines Motu proprio "Traditionis custodes" die Dispensgewalt beim Apostolischen Stuhl liegt. Ausnahmegenehmigungen für Messfeiern im vorkonziliaren Ritus in Pfarrkirchen oder für die Errichtung von entsprechenden Personalpfarreien kann nur noch der Vatikan erteilen. Zuständig für die Durchführung und Überwachung der neuen Norm ist das Liturgiedikasterium. Bischöfe, die bereits solche Ausnahmegenehmigungen erteilt haben, müssen diese nun der Behörde zur Prüfung vorlegen. Franziskus schränkte mit dem Schreiben von Sommer 2021 die Möglichkeiten zur Feier der sogenannten "Alten Messe" erheblich ein, nachdem sie Benedikt XVI. (2005-2013) weltweit wieder ohne besondere Auflagen ermöglicht hatte.

Liturgie vor kirchenpolitischer Instrumentalisierung schützen

Das Dilemma der "Alten Messe" sei, dass derjenige, der sie feiere, sich "in besonderer Weise" positioniere, so Odenthal weiter. "Es müsste uns allen ein Anliegen sein, den Gottesdienst als Frei-Raum des sakramentalen Tuns der Kirche zu schützen – und nicht zu instrumentalisieren, auch nicht im Hinblick auf dieses oder jenes Pontifikat." Schlimmeres als eine kirchenpolitische Instrumentalisierung könne dem Gottesdienst der Kirche nicht passieren.

Laut dem Liturgiewissenschaftler muss im Hinblick auf immer differenziertere katholische Milieus die Pluralität von Gottesdienstformen weiter ausgebaut werden. "Das kann aber nicht zentralistisch geschehen, sondern nur vor Ort." Grundsätzlich bestehe dabei immer noch das Problem der Fokussierung auf die Eucharistiefeier. Odenthal plädierte daher dafür, den reichen traditionellen Schatz der Liturgie durch neue Formen und Texte zu ergänzen. "Das wäre ein ungemein herausforderndes und spannendes Unterfangen, zu dem wir die Hilfe des Gottesgeistes benötigten." (mal)