Millionenschaden durch Kredit-Verweigerung der Vatikanbank
Beim Prozess um mutmaßliche Betrügereien und Unterschlagungen im Vatikan sind am Freitag neue Details bekannt geworden. In Vernehmungen am 52. Prozesstag am Freitag im Vatikan wurden unter anderem unklare Kompetenzen und handwerkliche Fehler deutlich, die zu millionenschweren Verlusten führten. So soll nach Angaben eines Zeugen allein die sogenannte Vatikanbank IOR einen Schaden von 24 Millionen Euro verursacht haben, indem sie dem Staatssekretariat einen dringend benötigten Kredit verweigerte. Da der Kredit ausblieb, musste die Behörde im Zusammenhang mit einem Immobiliengeschäft knapp zwei Jahre lang monatlich eine Million Euro an Kreditraten und Zinsen zahlen.
Die Weigerung der Bank sei derart unverständlich und schädlich gewesen, dass die Vatikanpolizei beauftragt wurde, gegen die eigene Bank zu ermitteln, um herauszufinden, was der wahre Grund für dieses Verhalten sei. Nach 18 Monaten habe das Staatssekretariat schließlich mithilfe der vatikanischen Güterverwaltung Apsa einen anderen, günstigen Kredit erhalten.
Wichtigster Zeuge am 52. Prozesstag war die Nummer drei im Vatikan, der sogenannte Substitut, Erzbischof Edgar Pena Parra. Sein Vorgänger Kardinal Angelo Becciu ist der prominenteste Angeklagte in dem Strafprozess. Mit Becciu steht erstmals in der Kirchengeschichte ein Kardinal als Angeklagter vor einem vatikanischen Gericht.
Am Vortag hatte Pena Parra beim 51. Prozesstag zu verstehen gegeben, dass der Vatikan bei dem verlustreichen Immobiliengeschäft offenbar Betrügern aufgesessen ist. Pena Parra sprach von einer "Täuschung". Der Vatikan habe für Millionenbeträge Anteile an einer Investmentgesellschaft erworben, die aber in Wahrheit nur aus "leeren Schachteln" bestanden habe.
Londoner Immobilie im Zentrum des Prozesses
Letztlich geht es in dem Prozess um die Finanzierung einer Londoner Geschäftsimmobilie, die vom vatikanischen Staatssekretariat ab 2014 als Anlageobjekt für einen dreistelligen Millionenbetrag erworben wurde. Später wurde sie unter hohen Verlusten wieder verkauft.
Pena Parra, der seit Oktober 2018 im Staatssekretariat tätig ist, wurde nach der Absetzung seines Vorgängers Becciu durch den Papst mit der Abwicklung und mit dem Ausstieg aus dem Geschäft beauftragt. Der Kurienerzbischof legte nun im Prozess dar, dass der frühere Verwaltungsleiter, Erzbischof Alberto Perlasca, entscheidende Dokumente ohne Genehmigung und Vollmacht unterzeichnet habe. Er selbst habe, als er die Leitung im Staatssekretariat übernahm, von seinem Vorgänger keine Informationen bekommen. Solche Übergaben bei Wechseln im Amt seien im Vatikan nicht üblich.
Im Dezember 2018 habe es ein Treffen mit Papst Franziskus und externen Finanzexperten gegeben, so Pena Parra weiter. Der Papst habe die Anweisung gegeben: "Fang von vorne an und verliere so wenig Geld wie möglich." Am Ende habe der Vatikan 15 Millionen Euro zahlen müssen, um aus dem Deal auszusteigen.
In dem Strafprozess, der im Juli 2021 begonnen hat, sind neben Becciu noch neun weitere Personen angeklagt. In dem Verfahren geht es um Unterschlagung, Korruption, Erpressung, Geldwäsche, Betrug, Amtsmissbrauch und Urkundenfälschung. (KNA)