Theologe Halik: Kirche braucht radikale Erneuerung von innen
Die katholische Kirche braucht nach Ansicht des tschechischen Theologen Tomas Halik eine radikale Erneuerung. Dafür reiche es aber nicht, Institutionen und Strukturen zu verändern, sagte Halik der in Würzburg erscheinenden Wochenzeitung "Die Tagespost". Deshalb verstehe er auch "ein bisschen" die Kritik von Papst Franziskus am deutschen Synodalen Weg. Dieser konzentriere sich zu sehr auf die institutionellen Veränderungen. Zwar müsse darüber diskutiert werden, aber nötig sei auch eine innere Erneuerung, eine Vertiefung der Theologie und Spiritualität.
Johannes Paul II. und Benedikt XVI. hätten "mit großer Noblesse" eine Periode der Kirchengeschichte beendet, führte der Theologe weiter aus. Diese habe die Aufgabe gehabt, sich mit der Modernität auseinanderzusetzen. "Aber jetzt ist eine neue Situation mit neuen Herausforderungen." Franziskus vollziehe seine Änderungen in der Kurie Schritt für Schritt mit "jesuitischer Beharrlichkeit" und setze sehr viele gute Impulse, so Halik. Der Gedanke, die Kirche als Feldlazarett zu sehen, bedürfe aber noch einer Vertiefung: "Das ist die Aufgabe von uns Theologen", so Halik.
Allerdings seien Theologen nicht dafür da, fertige Rezepte anzubieten, unterstrich der Priester. Die Situation der Kirche in den verschiedenen Ländern sei sehr unterschiedlich. Jeder müsse seinen Weg finden, "aber wir können dafür die Inspiration liefern". Er hoffe deshalb, dass der weltweite synodale Prozess zu einer Dezentralisierung führen werde. "Zur Weihe von Frauen mindestens zum Diakonat sind verschiedene Länder schon vorbereitet. Ich meine in Deutschland wäre das ja vielleicht kein so großes Problem. In Afrika oder in Polen ist das aber etwas anderes."
Nostalgie nach guten alten Zeiten helfe nicht weiter
Die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) kamen nach der Einschätzung Haliks damals etwas zu spät. Die Auseinandersetzung mit der Moderne sei passiert, als deren Aufkommen längst abgeschlossen gewesen sei. Das Konzil habe die Kirche nicht auf die radikale, plurale postmoderne Gesellschaft vorbereitet. Dafür brauche man noch eine andere Reform. Der synodale Prozess könne die Kirche auf diese globale postmoderne Gesellschaft vorbereiten. Klar sei aber auch, dass einige lokale Kirchen noch immer nicht die Beschlüsse des Zweiten Vatikanums angenommen hätten, etwa einige in Osteuropa.
Im Konservatismus mancher katholischen Gruppierungen sieht Halik eher eine Analogie zum Populismus in der Politik oder zum Fundamentalismus. Die Nostalgie nach den guten alten Zeiten helfe nicht weiter, sagte der Theologe. "Wir sollen Impulse geben für eine kreative Mitgestaltung der heutigen Welt und nicht eine Kontrakultur oder einen Bunker bauen", erklärte er.
Kritik äußerte Halik auch an gewissen Priesterbruderschaften in der katholischen Kirche, auch wenn einige von ihnen derzeit einen großen Zulauf hätten. Bei manchen davon handele es sich eher um "Sektenpriester und keine Kirchenpriester". Sie böten eine Zuflucht an vor der komplexen und anspruchsvollen Gegenwart. "Populisten und Fundamentalisten machen dasselbe. Sie geben einfache Antworten auf komplizierte Fragen, aber das funktioniert nicht", ergänzte der Priester. (tmg/KNA)